Die Türkei hat erstmals
wieder einen christlichen Abgeordneter im Parlament. Das letzte Mal, dass ein Christ
in Ankara vertreten war, liegt bereits ein halbes Jahrhundert zurück. Erol Dora ist
Anwalt und syrisch-orthodoxer Christ. Er gewann als unabhängiger Kandidat mit Unterstützung
der Kurdenpartei BDP ein Direktmandat in der Provinz Mardin.
Seit einem armenischen
Politiker in den 1960er Jahren hat kein Christ mehr im türkischen Parlament gesessen.
Mitte der 1990er Jahre wurde ein jüdischer Abgeordneter gewählt; seitdem gab es nur
noch muslimische Parlamentsabgeordnete in Ankara. Im Vorfeld der Wahlen vom Wochenende
hatte es einen noch nie dagewesenen Ansturm christlicher Kandidaten auf die Listen
der Parteien gegeben. Insbesondere bei der religiös-konservativen AKP von Ministerpräsident
Recep Tayyip Erdogan hatten sich mehrere Christen um einen Listenplatz beworben, darunter
ein Aramäer, zwei Armenier und ein griechisch-orthodoxer Christ. Je ein Armenier bewarb
sich auch bei der kemalistischen CHP und der nationalistischen MHP. Dass die christlichen
Bewerber es letztlich nicht aus dem Feld der mehr als 10.000 Bewerber unter die 1.500
Kandidaten der drei großen Parteien schafften, erklärt der aramäische Christ Markus
Ürek, der sich vergeblich um eine Kandidatur für die AKP bewarb, eher mit technischen
Gründen als mit religiösen Vorurteilen: „Erdogan kannte mich wohl einfach nicht gut
genug, um mich aufzustellen“, sagt Ürek. Dennoch unterstütze er die AKP weiterhin
– als die beste Partei für die christlichen Minderheiten.
Die islamisch-konservative
AKP von Ministerpräsident Erdogan kommt nach der Auszählung aller Stimmen der Parlamentswahl
in der Türkei auf 49,9 Prozent. Sie erhalte damit 326 Mandate in dem 550 Sitze zählenden
Parlament, berichteten türkische Fernsehsender am Montag.