Beim Empfang für die
Sinti und Roma am vergangenen Samstag im Vatikan durfte sie die Grußbotschaft an den
Papst überbringen und sie vortragen: Ceija Stojka ist Roma und Schriftstellerin, sie
wurde 1933 in Kraubath in der Steiermark geboren und hat Auschwitz, Ravensbrück und
Bergen Belsen überlebt. Ihr Vater wurde im KZ Dachau ermordet. 1988 hielt Stojka ihre
Kinderheitserinnerungen in dem Buch „Wir leben im Verborgenen“ fest. Auf die Frage,
warum sie erst 43 Jahre nach ihrer Befreiung über das Thema geschrieben hat, sagt
sie:
„Warum so spät? Es wurde immer nur über Juden gesprochen und auch über
Politiker, die dieses Leid getragen haben, damals im Krematorium, bei der Vernichtung
der Juden. Es steht ihnen zu, es ist ihr Recht, aber es wurden nicht nur Juden vernichtet.
Man hat immer nur am Ende irgendwann eingeflochten, dass auch Zigeuner vergast und
vernichtet wurden. Deshalb habe ich gesagt: Es rührt sich keiner, es gibt bei uns
so viele Alte, aber da hat sich keiner herausgewagt, sie lebten im Verborgenen, haben
ihre Kinder großgezogen. Kein Mensch wusste, wer sie sind. Aber es nützt nichts: Wir
müssen diesen Weg gehen und an die Öffentlichkeit gehen, um nicht auf dieser schönen
grünen Wiese zertreten zu werden.“
Cejia Stojka sagte in der Rede vor dem
Papst auch, dass Sie keine gute Zukunft für die Roma und Sinti in Europa sehe. Im
Interview erläutert sie, an welchen Erscheinungen in Ungarn und Österreich sie eine
negative Entwicklung in der politischen Landschaft festmacht.
„Ungarn sollte
aufhören mit seiner Angsttreibereien, mit diesen Menschen, die herumlaufen und die
in die Siedlungen gehen der Rom, der Zigeunern eben, und ihre Angst verbreiten und
gar töten. Diese Tendenzen muss die ungarische Regierung verhindern, wer soll es sonst
tun?“
Cejia Stojka ist nicht nur Schriftstellerin und Künstlerin. Sie
engagiert sich auch politisch und hat nach der Begegnung mit dem Papst konkrete politische
Wünsche an Benedikt XVI.:
„Ich hoffe, dass der Heilige Vater seine Ohren
jetzt spitzt und seine Augen öffnet. Nicht Wegschauen, Wegschauen ist das Allerschlimmste.
Und dass eine Ordnung geschaffen wird, gleiches Recht für alle: nicht dass der eine
zwanzig Euro bekommt, der andere hundert und wieder ein anderer siebzig. Und dann
wird es noch geteilt. Und das Abschieben der Roma, auch das muss gestoppt werden!“
Die
Schriftstellerin Ceija Stoijka bleibt also auch mit 78 Jahren kämpferisch. Und sie
hat sicher noch alle Hände voll zu tun, denn Abschiebungen von Roma und Sinti gibt
es nicht nur in Ungarn. Auf Einladung der Diözese Rom und der Gemeinschaft Sant'Egidio
sind an diesem Pfingstwochenende rund 1.400 Vertreter von Roma und Sinti aus ganz
Europa in die „Ewige Stadt“ gekommen. Anlass ist der 150. Gedenktag der Geburt und
der 75. Gedenktag des Martyriums des Seligen Ceferino Gimenez Malla (1861-1936), eines
spanischen Rom. Im Anschluss an die Papstaudienz vom Samstag begaben sich die Wallfahrer
zu einer Gebetswache in die römische Kirche San Bartolomeo auf der Tiberinsel. Dabei
wurde eine Reliquie des Roma-Patrons Ceferino im Gotteshaus deponiert. Weiterer Programmpunkt
ist eine große Messe im Marienheiligtum „Divino Amore“ am Stadtrand von Rom. Hier
wurde 2004 eine Freiluftkapelle für Sinti und Roma eingeweiht.