2011-05-22 15:36:42

Schweiz: Sieben Monate zu Fuß - Pilgern nach Jerusalem


RealAudioMP3 Er wird sieben Monate lang unterwegs sein, und zwar zu Fuß. Jesuitenpater Christian Rutishauser leitet das Studienprogramm im Bildungshaus Bad Schönbrunn in der Schweiz. Er ist studierter Judaist, beschäftigt sich mit christlicher Spiritualität und dem Dialog vor allem mit den Ostkirchen, daneben betreibt er ein Studienprogramm in diesen Fächern in Zusammenarbeit mit der Universität Fribourg. Dieses Leben wird nun für sieben Monate unterbrochen, denn Pater Rutishauser geht auf Pilgerschaft. Beginnend in der Schweiz, in Bad Schönbrunn, macht er sich gemeinsam mit drei weiteren Pilgern auf den Weg nach Jerusalem.

Es ist ein Projekt, das wir hier bei Radio Vatikan in den kommenden Monaten begleiten werden. Weihnachten wollen die Pilger im Heiligen Land ankommen, bis dahin gibt es sicherlich einiges zu berichten. Bevor es aber in den nächsten Tagen losgeht, haben wir mit Pater Rutishauser über seine Motivation und den Sinn dieser Pilgerreise sprechen können. Worauf freut er sich?

„Das Gefühlt der Freude, dass wir da sind, wird kommen, wenn wir über den Ölberg kommen. Wir kommen von Jericho her, werden also ganz klassisch wie in der Antike von Oster her zur Stadt gehen. Dann sieht man den Tempelberg, dann sieht man natürlich die Stadt, das wird eine große Freude sein, nehme ich einmal an, und es wird eine Erleichterung sein. Aber dann muss man doch sofort ins Heiligtum gehen.
Ich bin selber überhaupt kein Typ der pilgert, ich bin eigentlich nie irgendwohin zu Fuß gegangen, wenn ich irgendwo hin pilgere, dann muss es wirklich ganz ins Zentrum meines Glaubens sein. Dafür würde ich nicht an einen heiligen Ort gehen, nicht einmal nach Rom, sondern gerade direkt nach Jerusalem. Das wegen der persönlichen religiösen Gründe, aber auch wegen des interreligiösen Dialogs ist es mir ein Anliegen, zu pilgern.“

Sieben Monate zu Fuß, eine ziemlich verrückte Idee. Wie wächst so etwas? Wie kommt man zu dem Punkt, sich zu entscheiden, das wirklich zu machen?

„Zunächst war das zunächst einmal ein Traum, fast ein Bubentraum. Später habe ich die Geschichte studiert und da sieht man dann die Pilgerwallfahrten in der Antike, nachher die Kreuzzüge im Mittelalter, der Kampf um die Befreiung von Jerusalem und der Grabeskirche. All das führt dann dazu, zu fragen, ob man nicht wieder ein Zeichen setzen müsste, um wirklich nach Jerusalem unterwegs zu sein. Aber eben nicht einfach im Flugzeug sofort hinfliegen, sondern wirklich als Pilger in der Haltung des sich verwundbar Machens, des sich Aussetzens, damit das Pilgern auch wirklich eine geistliche Übung ist an der ich persönlich reifen kann.“

Am 2. Juni machen sich Pater Christian Rutishauser, Esther Rüthemann, Franz Mali und Hildegard Aepli auf den Weg. Soweit sind unsere Pilger mit ihrem Projekt ganz im Trend. Ganz gegen den Trend machen die vier aber keine individuelle Reise, sie wollen möglichst viele Menschen einbeziehen, durch kurze Strecken des Mitpilgerns, aber auch durch das Internet. Schon seit einiger Zeit wird durch Seminare und andere Vorbereitungen am Lassallehaus in Bad Schönbrunn dieses Projekt vorbereitet, nicht nur für die vier, sondern für alle, die dabei sein wollen, für einige Tage oder von zu Hause aus.

„Das Projekt ‚Zu Fuß nach Jerusalem’ ist gestartet im Oktober 2010 mit Vorbereitungsveranstaltungen, Seminaren, Tagungen und Pilgertagen hier in der Schweiz und das Unterwegssein beginnt Christi Himmelfahrt. Wir denken, in sieben Monaten, zu Weihnachten, in Jerusalem zu sein.
Wir haben im Vorprogramm eine Reihe von Seminaren gemacht zu Aspekten des Pilgerns. Einmal ganz historisch zurückgeschaut, was die Geschichte des Pilgerns von Europa aus nach Jerusalem ist. Dann haben wir auch die Zeit der Kreuzzüge angeschaut, aber dann auch ein Seminar gehabt rein zur Spiritualität des Pilgerns. Die Tagung zu ‚Jerusalem – Juden, Christen, Muslimen heilig’ hat dann den interreligiösen Aspekt des Ortes ins Bewusstsein gerufen.
Während des Pilgerns selbst haben wir uns entschieden, an verschiedenen Etappen unterwegs die Möglichkeit zu geben, mitzupilgern. Es wird drei Mal sein. Zu Beginn hier in der Schweiz, wenn wir aufbrechen gibt es die Möglichkeit, von Christi Himmelfahrt bis Pfingsten mitzupilgern. Vom Lasalle-Haus werden wir aufbrechen nach Einsiedeln, wo viele mitkommen werden, die die klassische Wallfahrt nach Einsiedeln bereits kennen. Nachher gibt es die Möglichkeit, weiter zu gehen nach Graubünden nach Müstair, einer mittelalterlichen Abtei in den Alpen.
Dann gibt es eine zweite Möglichkeit auf dem Weg in der Türkei. Da haben wir aber zuerst eine muslimisch-christliche Begegnungswoche.
Die dritte Möglichkeit, daran teilzunehmen, ist nach Amman zu fliegen und dann von Amman aus ganz klassisch über den Berg Nebo über Jericho und das Wadi Kelt hoch nach Jerusalem.“

Das Projekt wird auch im Internet auf einem eigenen Bog zu verfolgen sein, die Elektronik bietet aber noch weitere Möglichkeiten.

„Es gibt die Möglichkeit, den eigenen Namen eintragen zu lassen für ein bestimmtes Datum, damit wir die Leute im Gebet besonders tragen. Dann soll es eine Möglichkeit geben, auch zu Hause zu pilgern, wenn wir unterwegs sind. Es werden die Exerzitien des Ignatius im Alltag angeboten, dass heißt, die Leute, die zu Hause sind, werden begleitet über sechs Monate lang, während wir unterwegs sind, so dass wirklich das Pilgern als geistlicher Prozess möglich wird.“

Neben dem Laufen wird es für die vier Pilger auch ein geistliches Programm geben, sie werden nicht nur Laufen und die Füße pflegen.

„Das Schweigen wird einen großen Platz einnehmen. Wir werden wirklich schweigend gehen, so dass jeder von uns auch in seinem inneren Gebet sein kann. Ester Rüthemann und ich haben auch beide schon gesagt, dass wir beide große Teile der Heiligen Schrift unterwegs lesen wollen, dann auch innerlich beten wollen und miteinander im Gespräch sein. Ich hoffe, dass ich nicht nur einige Psalmen auswendig gelernt habe, wenn ich in Jerusalem bin.“

(rv 16.05.2011 ord)







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