2011-05-18 11:56:39

Katholische Soziallehre Johannes XXIII.: Liebe als Antrieb, Gerechtigkeit als Ziel


RealAudioMP3 Genau vor 50 Jahren veröffentlichte Papst Johannes XIII. seine Enzyklika Mater et Magistra, „Mutter und Lehrmeisterin“. Es ist eine Sozialenzyklika in der Tradition der großen Enzykliken, beginnend mit Rerum Novarum von Papst Leo XIII., vor 120 Jahren. Aus Anlass des Jubiläums hatte der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden zu einem Kongress nach Rom eingeladen:

„Es war eine sehr gute Initiative des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, weil es ein Jubiläum ist, das würdig ist, so gefeiert zu werden. Die Aktualität der Enzyklika ist sehr groß, vor allem was den Einsatz für das Gemeinwohl angeht. Das ist ein fundamentales Prinzip der katholischen Soziallehre, das in der Politik häufig vergessen wird.“

So sieht es Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, der Erzbischof von Honduras und Präsident von Caritas Internationalis. Der Veranstalter, Kardinal Peter Turkson, Leiter von Justitia et Pax, formuliert das Anliegen des Kongresses gegenüber Radio Vatikan so:

„Wir möchten die Menschen vor allem an diese Enzyklika erinnern und an die Situation, aus der heraus diese Enzyklika entstanden ist. Und wir wollen daran erinnern, was in der Zwischenzeit, in diesen 50 Jahren, passiert ist. Der Hintergrund für Mater et Magistra ist die Entkolonisierung Afrikas, mittlerweile sind wir schon wieder bei einer Art Neokolonialismus angekommen, wenn es um die Kontrolle der wichtigsten Ressourcen geht. Darüber wurde gesprochen“

Ausgehend von diesem Fokus habe man sich konkreten Fragen zugewandt, die sich im Augenblick stellen:

„Zum Beispiel das Thema Landwirtschaft und die Ungleichheit, wenn es um das Festsetzen von Agrarprodukten weltweit geht. In Europa werden Subventionen gezahlt, in Afrika nicht, wie kann man dann erwarten, dass Afrika auf dem internationalen Markt wettbewerbsfähig wird? Diese Ungerechtigkeit, über die schon die Enzyklika sprach, existiert immer noch. Vor 50 Jahren wurde es thematisiert, 50 Jahre später gibt es sie immer noch.“

Auch wenn dies wie eine ausschließlich negative Analyse wirkt, so betont Turkson doch, dass es nicht nur um Betroffenheit geht. Der Umgang mit der Soziallehre der Kirche müsse sich ein großes Vorbild nehmen: die Lehre Jesu.

„Es ist etwas Grundsätzliches. Das Evangelium Jesu Christi war nicht für alle da, sondern für die, die bereit waren, sich zu ihm zu bekehren. Für diese Menschen wirkt die Frohbotschaft. Dasselbe gilt für die Soziallehre der Kirche: Sie hat wunderbare Sachen zu sagen, sein Leben ändern und so weiter. Aber sie ist in Wirklichkeit für diejenigen, die bereit sind, wirklich etwas zu tun.“

Benedikt XVI. empfing die Teilnehmer des Kongresses am vergangenen Montag in Audienz. In seiner Ansprache betonte er die Aktualität der Enzyklika von Johannes XXIII.:

„In der Enzyklika Mater et Magistra hat Papst Roncalli mit seiner Vision der der Menschheitsfamilie dienenden Kirche die katholische Soziallehre – den seligen Papst Johannes Paul II. vorwegnehmend – als wesentlichen Teil des Auftrages der Kirche formuliert, weil sie integraler Teil unserer Vorstellung vom christlichen Leben ist.“

Besonders kritisierte Benedikt XVI. die Weltfinanzmärkte, die nach der Krise sofort wieder zu Kreditverträgen übergegangen seien, die „grenzenlose Spekulation“ ermöglichten. Die Spekulation weite sich auch auf Nahrungsmittel, Wasser und Grundstücke aus, und treibe so ohnehin bereits arme Menschen noch tiefer ins Elend. Auch die steigenden Energiepreise könnten sich nachteilig auf Umwelt und Mensch auswirken, dann nämlich, wenn ausschließlich mit kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen nach alternativen Energieformen gesucht werde.
Die Soziallehre der Kirche müsse im Leben der Kirche ihren festen Platz haben, und zwar im Leben der gesamten Kirche:

„Die Gläubigen dürfen nicht nur Nutznießer und passive Empfänger sein, sondern sie sind Beteiligte an der Verwirklichung, genauso wie sie wichtige Mitarbeiter sind an der Formulierung, dank der besonderen Erfahrungen in ihren jeweiligen Fachgebieten. Für den seligen Johannes XXIII. hat die Soziallehre der Kirche die Wahrheit als Licht, die Liebe als Antriebskraft und die Gerechtigkeit zum Ziel.“

Hier dürfe es nach Johannes XXIII. einen legitimen Pluralismus der Meinungen und Anschauungen in der Kirche geben, so der Papst. In gegenseitigem Respekt diskutiert würde dieser wesentliche Teil der Kirche weiter entwickelt. Man müsse nur das Fundament, das die Enzyklika fest im Blick habe, immer zum Zentrum haben:

„Tatsächlich verfällt ohne die Kenntnis des wahren Gemeinwohls die Nächstenliebe zu Sentimentalismus, verliert die Gerechtigkeit ihr Maß, das Prinzip der universalen Richtung verliert ihr Recht. Mit Bezug auf die Grundlagen dieser Gerechtigkeit wird unterstrichen, dass sie, um dauerhaft zu sein, auf dem Gemeinwohl fußen muss.“

(rv 17.05.2011 ord)








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