Papst Benedikt erlaubt 2007 die außerordentliche Form des Ritus
Mit Datum vom 7. Juli 2007 veränderte Papst Benedikt XVI. die Regeln für die im Volksmund
so genannte „alte Messe“, also die Feier der Messe nach den alten Büchern anstelle
jenes Messbuchs, das Papst Paul VI. nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erlassen
hatte. Das apostolische Schreiben, als sogenanntes „Motu Proprio“ erlassen, trägt
den Titel „Summorum Pontificum“.
Eine kurze Einführung Der Text des
apostolischen Schreibens geht vom Gedanken der Einheit aus. Benedikt XVI. bezieht
ihn sowohl auf das Geglaubte – also die Lehre der Kirche – als auch auf die Gebräuche
der Kirche. Die einzelnen Teile der Kirche sollen in Übereinstimmung sein mit der
Gesamtkirche. Nun habe es aber eine Entwicklung in den Formen der Feier der Messe
gegeben, zum Beispiel im Römischen Messbuch, habe „schrittweise Formen angenommen,
die große Ähnlichkeit haben mit der in den letzten Generationen geltenden.“ Es war
und ist Aufgabe der Päpste, so Benedikt, sich um Erneuerung und Festlegung der liturgischen
Riten und Bücher zu bemühen. Seine Vorgänger hätten immer wieder in der Kirchengeschichte
Reformen in Angriff genommen, er nennt ausdrücklich Clemens VIII., Urban VIII., Pius
X., Benedikt XV., Pius XII. und Johannes XXIII. Wunsch bei der Reform der Liturgie
sei es gewesen, sie an die „Erfordernisse unserer Zeit“ anzupassen. Immer habe
es aber Gruppen in der Kirche gegeben, die der Form der Liturgie vor der Reform Pauls
VI. anhängen. Deswegen habe bereits Johannes Paul II. 1984 den Gebrauch der alten
Messbücher unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Aufbauend auf diesen Regelungen beschließt
Benedikt XVI. im Motu Proprio Folgendes:
Das Messbuch von 1970, also das
von Papst Paul VI. veröffentlichte, ist die ordentliche Form des Ritus der lateinischen
Kirche. Daneben soll es aber eine außerordentliche Form geben, nach dem Messbuch Johannes
XXIII. von 1962. Papst Benedikt betont, dass es sich nicht um zwei Riten handelt,
sondern um zwei Anwendungsformen des einen Ritus. Anders als bisher braucht es
in vielen Fällen keine eigene Erlaubnis des Bischofs mehr für das Feiern der Messe
nach der alten Form des Ritus. Davon ausgenommen sind ausdrücklich die drei österlichen
Tage. Gruppen, die dauerhaft in einer Pfarrei oder anderen Gemeinde bestehen, darf
eine solche Messe nicht verweigert werden. Man darf sich immer an den Bischof, dann
auch an die Kommission „Ecclesia Dei“ der Glaubenskongregation wenden. Allerdings
gilt auch, dass nur Priester diese Form des Ritus feiern dürfen, die „geeignet“ sind
und „nicht von Rechts wegen gehindert“ sind. Letzteres trifft etwa auf die unerlaubt
geweihten Priester der Piusbruderschaft zu.
(rv 13.05.2011 ord)
Der
Text des Motu Proprio „Summorum Pontificum“
APOSTOLISCHES SCHREIBEN ALS
MOTU PROPRIO ERLASSEN SUMMORUM PONTIFICUM ÜBER DEN GEBRAUCH DER
RÖMISCHEN LITURGIE AUS DER ZEIT VOR DER REFORM VON 1970 VON PAPST BENEDIKT
XVI.
DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen,
dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt, „zum
Lob und Ruhm Seines Namens“ und „zum Segen für Seine ganze heilige Kirche“.
Seit
unvordenklicher Zeit wie auch in Zukunft gilt es den Grundsatz zu wahren, „demzufolge
jede Teilkirche mit der Gesamtkirche nicht nur hinsichtlich der Glaubenslehre und
der sakramentalen Zeichen übereinstimmen muss, sondern auch hinsichtlich der universal
von der apostolischen und ununterbrochenen Überlieferung empfangenen Gebräuche, die
einzuhalten sind, nicht nur um Irrtümer zu vermeiden, sondern auch damit der Glaube
unversehrt weitergegeben wird; denn das Gesetz des Betens (lex orandi) der Kirche
entspricht ihrem Gesetz des Glaubens (lex credendi).“
Unter den Päpsten, die
eine solche gebotene Sorge walten ließen, ragt der Name des heiligen Gregor des Großen
heraus; dieser sorgte dafür, dass sowohl der katholische Glaube als auch die Schätze
des Kultes und der Kultur, welche die Römer der vorangegangenen Jahrhunderte angesammelt
hatten, den jungen Völkern Europas übermittelt wurden. Er ordnete an, dass die in
Rom gefeierte Form der heiligen Liturgie – sowohl des Messopfers als auch des Officium
Divinum – festgestellt und bewahrt werde. Eine außerordentlich große Stütze war sie
den Mönchen und auch den Nonnen, die unter der Regel des heiligen Benedikt dienten
und überall zugleich mit der Verkündigung des Evangeliums durch ihr Leben auch jenen
äußerst heilsamen Satz veranschaulichten, dass „dem Gottesdienst nichts vorzuziehen“
sei (Kap. 43). Auf solche Weise befruchtete die heilige Liturgie nach römischem Brauch
nicht nur den Glauben und die Frömmigkeit, sondern auch die Kultur vieler Völker.
Es steht fraglos fest, dass die lateinische Liturgie der Kirche – mit ihren verschiedenen
Formen in allen Jahrhunderten der christlichen Zeit – sehr viele Heilige im geistlichen
Leben angespornt und so viele Völker in der Tugend der Gottesverehrunggestärkt
und deren Frömmigkeit befruchtet hat.
Dass aber die heilige Liturgie diese
Aufgabe noch wirksamer erfüllte, darauf haben verschiedene weitere Päpste im Verlauf
der Jahrhunderte besondere Sorgfalt verwandt; unter ihnen ragt der heilige Pius V.
heraus, der mit großem seelsorglichen Eifer auf Veranlassung des Konzils von Trient
den ganzen Kult der Kirche erneuerte, die Herausgabe verbesserter und „nach der Norm
der Väter reformierter“ liturgischer Bücher besorgte und sie der lateinischen Kirche
zum Gebrauch übergab.
Unter den liturgischen Büchern des römischen Ritus ragt
das Römische Messbuch deutlich heraus; es ist in der Stadt Rom entstanden und hat
in den nachfolgenden Jahrhunderten schrittweise Formen angenommen, die große Ähnlichkeit
haben mit der in den letzten Generationen geltenden.
„Dasselbe Ziel verfolgten
die Päpste im Lauf der folgenden Jahrhunderte, indem sie sich um die Erneuerung oder
die Festlegung der liturgischen Riten und Bücher bemühten und schließlich am Beginn
dieses Jahrhunderts eine allgemeine Reform in Angriff nahmen“. So aber hielten es
Unsere Vorgänger Clemens VIII., Urban VIII., der heilige Pius X., Benedikt XV., Pius
XII. und der selige Johannes XXIII.
In jüngerer Zeit brachte das Zweite Vatikanische
Konzil den Wunschzum Ausdruck, wonach mit der gebotenen Achtsamkeit und Ehrfurcht
gegenüber dem Gottesdienst dieser ein weiteres Mal reformiert und den Erfordernissen
unserer Zeit angepasst werden sollte. Von diesem Wunschgeleitet hat Unser
Vorgänger Papst Paul VI. die reformierten und zum Teil erneuerten liturgischen Bücher
im Jahr 1970 für die lateinische Kirche approbiert; überall auf der Erde in eine Vielzahl
von Volkssprachen übersetzt, wurden sie von den Bischöfen sowie von den Priestern
und Gläubigen bereitwillig angenommen. Johannes Paul II. rekognoszierte die dritte
Editio typica des Römischen Messbuchs. So haben die Päpste daran gearbeitet, dass
„dieses ‚liturgische Gebäude’ […] in seiner Würde und Harmonie neu“ erstrahlte.
Andererseits
hingen in manchen Gegenden durchaus nicht wenige Gläubige den früheren liturgischen
Formen, die ihre Kultur und ihren Geist so grundlegend geprägt hatten, mit derart
großer Liebe und Empfindung an und tun dies weiterhin, dass Papst Johannes Paul II.,
geleitet von der Hirtensorge für diese Gläubigen, im Jahr 1984 mit dem besonderen
Indult „Quattuor abhinc annos“, das die Kongregation für den Gottesdienst entworfen
hatte, die Möglichkeit zum Gebrauch des Römischen Messbuchs zugestand, das von Johannes
XXIII. im Jahr 1962 herausgegebenen worden war; im Jahr 1988 forderte Johannes Paul
II. indes die Bischöfe mit dem als Motu Proprio erlassenen Apostolischen Schreiben
„Ecclesia Dei“ auf, eine solche Möglichkeit weitherzig und großzügig zum Wohl aller
Gläubigen, die darum bitten, einzuräumen.
Nachdem die inständigen Bitten dieser
Gläubigen schon von Unserem Vorgänger Johannes Paul II. über längere Zeit hin abgewogen
und auch von Unseren Vätern Kardinälen in dem am 23. März 2006 abgehaltenen Konsistorium
gehört worden sind, nachdem alles reiflich abgewogen worden ist, nach Anrufung des
Heiligen Geistes und fest vertrauend auf die Hilfe Gottes, BESCHLIESSEN WIR
mit dem vorliegenden Apostolischen Schreiben folgendes:
Art. 1. Das von Paul
VI. promulgierte Römische Messbuch ist die ordentliche Ausdrucksform der „Lex orandi“
der katholischen Kirche des lateinischen Ritus. Das vom hl. Pius V. promulgierte und
vom sel. Johannes XXIII. neu herausgegebene Römische Messbuch hat hingegen als außerordentliche
Ausdrucksform derselben „Lex orandi“ der Kirche zu gelten, und aufgrund seines verehrungswürdigen
und alten Gebrauchs soll es sich der gebotenen Ehre erfreuen. Diese zwei Ausdrucksformen
der „Lex orandi“ der Kirche werden aber keineswegs zu einer Spaltung der „Lex credendi“
der Kirche führen; denn sie sind zwei Anwendungsformen des einen Römischen Ritus.
Demgemäß
ist es erlaubt, das Messopfer nach der vom sel. Johannes XXIII. promulgierten und
niemals abgeschafften Editio typica des Römischen Messbuchs als außerordentliche Form
der Liturgie der Kirche zu feiern. Die von den vorangegangenen Dokumenten „Quattuor
abhinc annos“ und „Ecclesia Dei“ für den Gebrauch dieses Messbuchs aufgestellten Bedingungen
aber werden wie folgt ersetzt:
Art. 2. In Messen, die ohne Volk gefeiert werden,
kann jeder katholische Priester des lateinischen Ritus – sei er Weltpriester oder
Ordenspriester – entweder das vom seligen Papst Johannes XXIII. im Jahr 1962 herausgegebene
Römische Messbuch gebrauchen oder das von Papst Paul VI. im Jahr 1970 promulgierte,
und zwar an jedem Tag mit Ausnahme des Triduum Sacrum. Für eine solche Feier nach
dem einen oder dem anderen Messbuch benötigt der Priester keine Erlaubnis, weder vom
Apostolischen Stuhl noch von seinem Ordinarius.
Art. 3. Wenn Gemeinschaften
der Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften des apostolischen Lebens
– seien sie päpstlichen oder diözesanen Rechts – es wünschen, bei der Konvents- bzw.
„Kommunitäts“-Messe im eigenen Oratorium die Feier der heiligen Messe nach der Ausgabe
des Römischen Messbuchs zu halten, die im Jahr 1962 promulgiert wurde, ist ihnen dies
erlaubt. Wenn eine einzelne Gemeinschaft oder ein ganzes Institut bzw. eine ganze
Gesellschaft solche Feiern oft, auf Dauer oder ständig begehen will, ist es Sache
der höheren Oberen, nach der Norm des Rechts und gemäß der Gesetze und Partikularstatuten
zu entscheiden.
Art. 4. Zu den Feiern der heiligen Messe, von denen oben in
Art. 2 gehandelt wurde, können entsprechend dem Recht auch Christgläubige zugelassen
werden, die aus eigenem Antrieb darum bitten.
Art. 5 § 1. In Pfarreien, wo
eine Gruppe von Gläubigen, die der früheren Liturgie anhängen, dauerhaft existiert,
hat der Pfarrer deren Bitten, die heilige Messe nach dem im Jahr 1962 herausgegebenen
Römischen Messbuch zu feiern, bereitwillig aufzunehmen. Er selbst hat darauf zu achten,
dass das Wohl dieserGläubigen harmonisch in Einklang gebracht wird mit der
ordentlichen Hirtensorge für die Pfarrei, unter der Leitung des Bischofs nach der
Norm des Canon 392, wobei Zwietracht zu vermeiden und die Einheit der ganzen Kirche
zu fördern ist. § 2. Die Feier nach dem Messbuch des sel. Johannes XXIII. kann
an den Werktagen stattfinden; an Sonntagen und Festen kann indes ebenfalls eine
Feier dieser Art stattfinden. § 3. Gläubigen oder Priestern, die darum bitten,
hat der Pfarrer auch zu besonderen Gelegenheiten Feiern in dieser außerordentlichen
Form zu gestatten, so z.B. bei der Trauung, bei der Begräbnisfeier oder bei situationsbedingten
Feiern, wie etwa Wallfahrten. § 4. Priester, die das Messbuch des sel. Johannes
XXIII. gebrauchen, müssen geeignet und dürfen nicht von Rechts wegen gehindert sein. §
5. In Kirchen, die weder Pfarr- noch Konventskirchen sind, ist es Sache des Kirchenrektors,
eine Erlaubnis bezüglich des oben Genannten zu erteilen.
Art. 6. In Messen,
die nach dem Messbuch des sel. Johannes XXIII. zusammen mit dem Volk gefeiert werden,
können die Lesungen auch in der Volkssprache verkündet werden, unter Gebrauch der
vom Apostolischen Stuhl rekognoszierten Ausgaben.
Art. 7. Wo irgendeine Gruppe
von Laien durch den Pfarrer nicht erhalten sollte, worum sie nach Art. 5 § 1 bittet,
hat sie den Diözesanbischof davon in Kenntnis zu setzen. Der Bischof wird nachdrücklich
ersucht, ihrem Wunschzu entsprechen. Wenn er für eine Feier dieser Art nicht
sorgen kann, ist die Sache der Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“ mitzuteilen.
Art.
8. Ein Bischof, der für Bitten dieser Art seitens der christgläubigen Laien Sorge
tragen möchte, aber aus verschiedenen Gründen daran gehindert wird, kann die Sache
der Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“ berichten, die ihm Rat und Hilfe zu geben
hat.
Art. 9 § 1. Der Pfarrer kann – nachdem er alles wohl abgewogen hat – auch
die Erlaubnis geben, dass bei der Spendung der Sakramente der Taufe, der Ehe, der
Buße und der Krankensalbung das ältere Rituale verwendet wird, wenn das Heil der Seelen
dies nahelegt. § 2. Den Bischöfen ist die Vollmacht gegeben, das Sakrament der
Firmung nach dem alten Pontificale Romanum zu feiern, wenn das Heil der Seelen dies
nahelegt. § 3. Die geweihten Kleriker haben das Recht, auch das Römische Brevier
zu gebrauchen, das vom sel. Johannes XXIII. im Jahr 1962 promulgiert wurde.
Art.
10. Der Ortsordinarius hat das Recht, wenn er es für ratsam hält, eine Personalpfarrei
nach Norm des Canon 518 für die Feiern nach der älteren Form des römischen Ritus zu
errichten oder einen Rektor bzw. Kaplan zu ernennen, entsprechend dem Recht.
Art.
11. Die Päpstliche Kommission „Ecclesia Dei“, die von Johannes Paul II. im Jahr 1988
errichtet wurde, fährt fort mit der Erfüllung ihrer Aufgabe. Diese Kommission
soll die Form, die Amtsaufgaben und die Handlungsnormen erhalten, mit denen der Papst
sie ausstatten will.
Art. 12. Dieselbe Kommission wird über die Vollmachten
hinaus, derer sie sich bereits erfreut, die Autorität des Heiligen Stuhles ausüben,
indem sie über die Beachtung und Anwendung dieser Anordnungen wacht.
Alles
aber, was von Uns durch dieses als Motu Proprio erlassene Apostolische Schreiben
beschlossen wurde, ist – so bestimmen Wir – gültig und rechtskräftig und vom 14. September
dieses Jahres, dem Fest der Kreuzerhöhung, an zu befolgen, ungeachtet jeder anderen
gegenteiligen Anordnung.
Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, am 7. Juli, im Jahr
des Herrn 2007, dem dritten Jahr Unseres Pontifikats.
Nichtapprobierte
Arbeitsübersetzung - zur Verfügung gestellt von der Deutschen Bischofskonferenz.