Der Begleitbrief des Papstes zum Motu Proprio zur „alten Messe“
Zeitgleich zur Veröffentlichung des Motu Proprio Summorum Pontificum schrieb
Papst Benedikt XVI. einen Begleitbrief an alle Bischöfe. In diesem Brief erläutert
der Papst seine Beweggründe, aber auch die Notwendigkeit für die Maßnahme. Er geht
darin vor allem auf die Befürchtungen ein, die im Vorfeld gegen das Schreiben geäußert
worden waren. Einige Auszüge aus dem Schreiben:
Eine erste Befürchtung „An
erster Stelle steht die Furcht, hier werde die Autorität des II. Vatikanischen Konzils
angetastet und eine seiner wesentlichen Entscheidungen – die liturgische Reform –
in Frage gestellt. Diese Befürchtung ist unbegründet. Dazu ist zunächst zu sagen,
dass selbstverständlich das von Papst Paul VI. veröffentlichte und dann in zwei weiteren
Auflagen von Johannes Paul II. neu herausgegebene Missale die normale Form – die Forma
ordinaria – der Liturgie der heiligen Eucharistie ist und bleibt.“
Zwei
Riten? „Es ist nicht angebracht, von diesen beiden Fassungen des Römischen
Messbuchs als von „zwei Riten“ zu sprechen. Es handelt sich vielmehr um einen zweifachen
Usus ein und desselben Ritus.“
Nie außer Kraft „Was nun die
Verwendung des Messbuchs von 1962 als Forma extraordinaria der Meßliturgie angeht,
so möchte ich darauf aufmerksam machen, dass dieses Missale nie rechtlich abrogiert
(außer Kraft gesetzt) wurde und insofern im Prinzip immer zugelassen blieb.“
Entstellung
der Liturgie „Viele Menschen, die klar die Verbindlichkeit des II. Vaticanums
annahmen und treu zum Papst und zu den Bischöfen standen, sehnten sich doch auch nach
der ihnen vertrauten Gestalt der heiligen Liturgie, zumal das neue Missale vielerorts
nicht seiner Ordnung getreu gefeiert, sondern geradezu als eine Ermächtigung oder
gar als Verpflichtung zur „Kreativität“ aufgefasst wurde, die oft zu kaum erträglichen
Entstellungen der Liturgie führte. Ich spreche aus Erfahrung, da ich diese Phase in
all ihren Erwartungen und Verwirrungen miterlebt habe. Und ich habe gesehen, wie tief
Menschen, die ganz im Glauben der Kirche verwurzelt waren, durch die eigenmächtigen
Entstellungen der Liturgie verletzt wurden.“
Eine zweite Befürchtung „Als
zweites wurde in den Diskussionen über das erwartete Motu Proprio die Befürchtung
geäußert, eine erweiterte Möglichkeit zum Gebrauch des Missale von 1962 werde zu Unruhen
oder gar zu Spaltungen in den Gemeinden führen. Auch diese Sorge scheint mir nicht
wirklich begründet zu sein. Der Gebrauch des alten Missale setzt ein gewisses Maß
an liturgischer Bildung und auch einen Zugang zur lateinischen Sprache voraus; das
eine wie das andere ist nicht gerade häufig anzutreffen. Schon von diesen konkreten
Voraussetzungen her ist es klar, dass das neue Messbuch nicht nur von der rechtlichen
Normierung, sondern auch von der tatsächlichen Situation der gläubigen Gemeinden her
ganz von selbst die Forma ordinaria des Römischen Ritus bleibt.“
Der
Sinn der Maßnahme: Versöhnung „Es geht um eine innere Versöhnung in der
Kirche. In der Rückschau auf die Spaltungen, die den Leib Christi im Lauf der Jahrhunderte
verwundet haben, entsteht immer wieder der Eindruck, dass in den kritischen Momenten,
in denen sich die Spaltung anbahnte, von Seiten der Verantwortlichen in der Kirche
nicht genug getan worden ist, um Versöhnung und Einheit zu erhalten oder neu zu gewinnen;
dass Versäumnisse in der Kirche mit schuld daran sind, dass Spaltungen sich verfestigen
konnten. Diese Rückschau legt uns heute eine Verpflichtung auf, alle Anstrengungen
zu unternehmen, um all denen das Verbleiben in der Einheit oder das neue Finden zu
ihr zu ermöglichen, die wirklich Sehnsucht nach Einheit tragen.“
Die
beiden Missale „Es gibt keinen Widerspruch zwischen der einen und der anderen
Ausgabe des Missale Romanum. In der Liturgiegeschichte gibt es Wachstum und Fortschritt,
aber keinen Bruch. Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und
groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein. Es tut uns
allen gut, die Reichtümer zu wahren, die im Glauben und Beten der Kirche gewachsen
sind und ihnen ihren rechten Ort zu geben.“
Der Auftrag, der zur Instruktion
von 2011 führt „Außerdem lade ich Euch, liebe Mitbrüder, hiermit ein, drei
Jahre nach dem Inkrafttreten des Motu Proprio dem Heiligen Stuhl über Eure Erfahrungen
Bericht zu erstatten. Wenn dann wirklich ernsthafte Schwierigkeiten aufgetreten sein
sollten, können Wege gesucht werden, um Abhilfe zu schaffen.“