Christ zu sein in
Nordkorea kommt einem Todesurteil gleich. In dem asiatischen Land wird die Religionsfreiheit
weltweit am stärksten mit Füßen getreten. Das geht aus einem aktuellen Bericht des
internationalen Hilfswerkes für verfolgte Christen „Open Doors“ hervor. Hunderttausende
Christen sind in dem Land in Gefängnissen interniert und müssen Hunger, Folter und
Zwangsarbeit erleiden. Politischen Dissidenten und ihren Familien geht es ähnlich.
Michel Varton, Direktor von Open Doors Frankreich, der im direkten Kontakt mit unterdrückten
Gläubigen in und aus Nordkorea steht, bestätigt im Gespräch mit Radio Vatikan die
brutale Christenverfolgung im kommunistischen Regime Kim Jong-ils:
„In einer
Stadt, mit der wir in Kontakt sind, gibt es zu Beispiel 23 Gläubige, die letztes Jahr
von der Polizei festgenommen wurden, weil sie sich heimlich getroffen haben. Dabei
sind drei von ihnen sofort hingerichtet worden, die zwanzig anderen wurden zu Zwangsarbeit
gezwungen. Wir schätzen, dass von den insgesamt 400.000 Christen in Nordkorea 25 Prozent
in Arbeitslagern sind! Wenn man als jemand enttarnt wird, der an Gott glaubt, wird
man verhaftet und in Lager gesteckt, die Todeslager sind.“
Open Doors versucht,
den Christen in Nordkorea über Informations- und Gebetskampagnen und weltweite Vernetzung
mit anderen Christen Solidarität zu zeigen. Doch auch Lebensmittel und Bibeln werden
teilweise ins Land geschmuggelt, um die bis aufs Blut verfolgten Gläubigen zu unterstützen.
Die massive Unterdrückung der Christen in Nordkorea sei für das Ausland kaum sichtbar,
auch auf Touristenreisen nach Nordkorea bekomme man nur das zu Gesicht, was der Diktatur
genehm sei. Erst im Kontakt mit Opfern werde das ganze Ausmaß der kommunistischen
Schreckensherrschaft deutlich, so der Menschenrechtler:
„Die einzigen,
die etwas Verlässliches über Christen in Nordkorea sagen können, sind Nordkoreaner,
die aus dem Land flüchten konnten, in der Regel nach China. Auch in China leben sie
gefährlich: Wenn sie aufgegriffen werden, schickt man sie in ihr Land zurück und dort
dann in Arbeitslager gesteckt. Oft kommt es vor, dass solche Flüchtlinge sich erst
in China zum Christentum bekehren und dann, wenn sie nach Nordkorea zurückkehren,
den Kontakt zur Untergrundkirche suchen."
Zum Christentum konvertierte
Rückkehrer – ein Dorn im Auge des Regimes
Genauso erging es dem Vater
einer jungen Nordkoreanerin aus Pjöngjang, die kürzlich auf dem 3. Internationalen
Kongress für Weltevangelisierung in Kapstadt, Südafrika (16.-25. Oktober 2010), um
Hilfe für verfolgte Christen in ihrem Land bat. Ihr Vater war Berater des nordkoreanischen
Diktators Kim Jong-il gewesen, bei dem er zunächst als politischer Dissident und dann
als Christ in Ungnade fiel. Nach der Flucht der Familie nach China war er in der Volksrepublik
mit dem Christentum in Kontakt gekommen. Danach hatte er sich entschieden, verdeckt
als Missionar in sein Heimatland zurückzugehen.
„Er ging wohlgemerkt nicht
nach Südkorea, wo er religiöse Freiheit hätte genießen können, sondern kehrte nach
Nordkorea zurück, wo er in großer Gefahr schwebte. Im Jahr 2006 wurde seine Arbeit
von der nordkoreanischen Regierung entdeckt und er wurde wieder ins Gefängnis gesteckt.
Ich habe seitdem nichts mehr von meinem Vater gehört. Wir glauben, dass er erschossen
wurde - mit dem Vorwurf der Spionage, wie das verfolgten Christen in Nordkorea so
oft passiert.“
Regime unter Druck – SOS für Christen im Land
Schätzungen zufolge werden derzeit zwischen 150.000 und 200.000 Menschen
in Nordkorea in Straf- und Umerziehungslagern festgehalten, davon ein Großteil Christen.
In diesen Lagern sind Folter, Mord, Vergewaltigung, medizinische Experimente, Zwangsarbeit,
erzwungene Abtreibungen und heimliche Exekutionen an der Tagesordnung. Menschen, die
aus religiösen Gründen verhaftet sind, sind einer besonders strengen Behandlung ausgesetzt.
Open Doors befürchtet, dass sich die Lage der Christen in Nordkorea nicht verändern
bzw. sogar verschlimmern wird. Dazu Varton:
„Die Unterdrückung der Christen
droht noch schlimmer zu werden, denn das Regime ist geschwächt - ein Wechsel innerhalb
der Regierung steht in Aussicht, und weil dieser Wechsel das Regime intern stark beschäftigt,
sind keine Verbesserungen für die Christen zu erwarten.“
Wie also den verfolgten
Gläubigen in Nordkorea helfen? Open Doors ist der Ansicht, dass man auf diplomatischem
Wege mehr Druck auf Nordkorea ausüben könnte, um die Menschenrechte in dem Land zu
stärken. Die Hilfsorganisation denkt dabei realistischerweise eher an die asiatischen
„Sympathisanten“ Nordkoreas:
„China könnte sich zum Beispiel mehr einsetzen...“
...meint der Direktor von Open Doors Frankreich, Michel Varton.Zwar
ist die Volksrepublik China selbst sicher kein Paradies für Christen, aber wenigstens
wird den christlichen Glaubensgemeinschaften dort formal – und innerhalb staatlich
kontrollierter Strukturen auch praktisch – Religionsfreiheit gewährt. Dem Vater der
jungen Nordkoreanerin hat das allerdings nicht geholfen: Er wurde nach seiner Flucht
in China im Jahr 2001 von der chinesischen Polizei verhaftet, erzählte seine Tochter
auf dem vergangenen Kongress für Weltevangelisierung in Südafrika:
„Als
mein Vater zum ersten Mal in China verhaftet und gezwungen wurde, nach Nordkorea zurückzukehren,
war ich noch keine Christin. In dieser Zeit wurde ich von der Familie eines jungen
chinesischen Pastors adoptiert. Sie waren sehr liebevoll und fürsorglich zu mir. Durch
sie hat Gott mich beschützt. Aber diese Familie musste 2007 in die Vereinigten Staaten
gehen. Kurze Zeit später hatte ich dann die Möglichkeit, nach Südkorea zu gehen. Ich
bitte euch alle: Betet mit mir zusammen für meinen Vater und für alle Menschen in
Nordkorea – meine Landsleute – so dass sie Gottes Gnade erfahren.“