2011-05-11 12:12:35

Ägypten: Die Lage für Christen bleibt gefährlich


Mehr Schutz für koptische Christen in Ägypten. Das fordern Menschenrechtsschützer nach dem gewaltsamen Wochenende in Kairo mit mindestens zwölf Toten und fast 200 Verletzten. Am Samstagabend haben sich hunderte radikale Islamisten heftige Straßenschlachten mit koptischen Christen geliefert, bei denen es auch zu Schießereien und Brandanschläge auf Kirchen gekommen ist. Die Situation bleibt gefährlich, sagt der Nahostreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido, im Gespräch mit dem Kölner Domradio:

„Die Kopten in Ägypten leben in einer sehr gefährlichen Situation. Das ist immer so in Übergangsphasen. Vor dem Sturz von Mubarak haben sich die Kopten aktiv an der Demokratiebewegung beteiligt. Sie erhofften sich eine Verbesserung ihrer Situation. Aber nach dem Sturz Mubaraks sehen wir: Es kommt wieder zu Anschlägen auf Kopten, sowohl in Oberägypten als auch in Kairo. Die neue provisorische Militärregierung muss jetzt beweisen, dass sie wirklich die Täter, die islamistischen Fundamentalisten, die Terroristen bestraft, die immer wieder Anschläge auf Kopten verüben.“

Zwölf Tote, fast 200 Verletzte, allein davon mehr als 60 mit Schusswunden. Und dazu noch Brandanschläge, die zwei Kirchen zerstört haben. Das ist die traurige Bilanz vom vergangenen Wochenende. Der ägyptische Justizminister hat unmittelbar nach den Unruhen versprochen, mit harter Hand gegen die Schuldigen vorgehen zu wollen.

„Wir erwarten jetzt, dass diesen Versprechungen Taten folgen. Sonst, vermuten wir, wird nach dem gleichen alten Muster des Regimes Mubarak gehandelt, das die Angreifer nicht vor Gericht stellte. Jetzt sagt die Regierung, dass sie 190 Täter festgenommen hat. Darunter sind viele Kopten. Deswegen sind diese Beteuerungen für uns nicht glaubhaft.“

Seit Monaten schwelt in Ägypten der Konflikt zwischen Muslimen und koptischen Christen. Die Polizei hat zwar nach den letzten Unruhen wieder dutzende Verdächtige festgenommen. Das bedeute aber noch nicht, dass die Täter von einem Gericht verurteilt werden, so Sido:

„Wir haben immer wieder das Problem der Straflosigkeit für die Täter. Wenn die Brandstifter nicht vor Gericht gestellt werden, wird es immer wieder zu Gewalt kommen. Jetzt müssen wir - auch die Bundesrepublik Deutschland, die EU - der Armeeführung bzw. der Regierung klarmachen: Wir kümmern uns um die Kopten, wir machen uns Sorgen.“

Noch ist unklar, wer hinter den Anschlägen steckt und die religiöse Hetze antreibt. Radikale islamische Gruppen wie die Salafisten könnten mit Anhängern des alten Regimes unter einer Decke stecken, vermutet Sido:

„Wir vermuten sowohl die Salafisten, die übrigens vom alten Regime unterstützt wurden, um den liberalen Flügel der Moslembruderschaft zu bekämpfen. Aber auch Teile des alten Regimes, die Privilegien verloren haben, die versuchen wieder zur Macht zu kommen.“

Wie auch in anderen arabischen Ländern ist auch in Ägypten nicht klar, was nach den Revolutionen kommen wird. Die Militärregierung hat für September Wahlen angekündigt, bei denen der Moslembruderschaft große Gewinne prophezeit werden. Viele Regierungen Europas haben bereits angekündigt, den Demokratieprozess in den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens unterstützen zu wollen. Sido kritisiert in diesem Zusammenhang die Kommunikation der europäischen Regierungen:

„Das Problem europäischer Regierungen ist, dass sie nicht in einer klaren Sprache mit den Regierungen der arabischen Welt sprechen. Es werden Höflichkeiten ausgetauscht - das muss beendet werden. Der Westen muss eine sehr klare Sprache sprechen und sagen: Wir wollen den Schutz der Minderheiten, vor allem den der Christen in Euren Ländern sehen, sonst werden wir weder wirtschaftlich noch politisch mit Euch zusammenarbeiten. Das muss gesagt werden. Aber auch die Muslime in Deutschland müssen Flagge zeigen und für den Schutz der Kopten in Ägypten eintreten.“

(domradio 11.05.2011 ak)








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