2011-05-06 11:53:01

Vorschau auf die Reise nach Aquileia: Geistliche Mutter für Schwaben, Bayern, Tirol, Slowenien


RealAudioMP3 Aquileia hatte ein eigenes Credo, eine eigene Liturgie – ach ja, und ein Konzil gab es hier auch. Wie ist es möglich, dass das heutige 3.500-Seelendorf Aquileia in der frühen Kirchengeschichte eine so prominente Rolle spielte? Das fragte Stefan Kempis den deutschen Jesuitenpater und Kirchenhistoriker Klaus Schatz.

„Es war eine wichtige römische Flottenstation, und es gab auch eine wichtige christliche Gemeinde dort – mindestens seit dem zweiten, dritten Jahrhundert. Nach der Legende wurde sie von dem Petrusschüler Markus gegründet; Tatsache ist jedenfalls, dass Aquileia ab dem fünften Jahrhundert ein wichtiger kirchlicher Zentralort wurde.“

Der heilige Markus galt doch eher als Begründer und Missionar von Venedig?

„Dieser Rang von Aquileia ist mit der Zeit auf Venedig übergegangen, einschließlich der Patriarchenwürde. Jedenfalls war Aquileia ab dem fünften Jahrhundert ein wichtiges kirchliches Zentrum vor allem für die Mission nach Norden: Die damalige Kirchenprovinz Aquileia reichte bis an die Donau, umfasste das heutige Österreich und auch das heutige Bayern südlich der Donau bis Schwaben, Tirol und ebenso Slowenien. Also eine ziemlich große Region.“

Warum so eine riesige Kirchenprovinz?

„Das hängt natürlich damit zusammen, dass die Gebiete nördlich von Italien zunächst mal wenig missioniert waren und dass die Gegend von Aquileia die natürliche Verbindung zur Adria und zum ganzen Mittelmeerraum darstellte. Dadurch ist das leicht erklärlich... Aquileia hatte eine eigene Liturgie – so wie es damals ja im Westen viele Liturgien gab, alle in lateinischer Sprache, aber mit eigenen liturgischen Formen, darunter etwa die ambrosianische Liturgie von Mailand. Aquileia gehörte also zu den Kirchen des Abendlandes (so wie Gallien, später die irische Kirche und Spanien), die durchaus eigene liturgische Formen entwickelten und bei aller Bindung an Rom doch eine gewisse Selbständigkeit besaßen.“

Die ambrosianische Liturgie gibt es ja heute noch – und die von Aquileia?

„Nein, die gibt es nicht mehr... Die Bedeutung von Aquileia ging mit der Zeit vor allem deswegen zurück, weil sie ja in einer ganz bestimmten, vorübergehenden geografischen Situation gewurzelt hatte: Der Norden war noch kaum missionarisch entwickelt, vor allem nördlich der Donau und damit nördlich des Römischen Reiches; und gleichzeitig war Aquileia die Verbindung mit der Mittelmeerwelt. Das war also ein geopolitischer Raum, der um das Mittelmeer zentriert war. Von dem Moment an, wo einerseits das Mittelmeer aufhörte, verbindender Mittelpunkt einer gemeinsamen Kultur und eines gemeinsamen Lebensraums zu sein, andererseits die nördlichen Region eigene Schwerpunkte entwickelten, schwand die Position Aquileias. Da wurden dann andere kirchliche Mittelpunktsorte wie Salzburg, Mainz usw. bedeutsamer – eine ganz natürliche Entwicklung.“

Wenn man mal die Kirchengeschichte auf ein paar Fäden zusammenschnurren läßt: Welche Bedeutung hat denn der Besuch eines bayrischen Papstes in dieser besseren Ruinenstätte Aquileia?

„Das ist wohl eine Verbindung mit den eigenen Ursprüngen, weil die ersten Spuren des Christentums in Bayern auch dorthin weisen. Also eine Besinnung auf die urchristlichen Ursprünge...“

(rv 06.05.2011 sk)







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