2011-05-04 17:52:16

„Kirchliches Bloggertreffen in Deutschland wäre schön"


RealAudioMP3 Eine große Sache, das war das Bloggertreffen im Vatikan für viele der 150 Internetpublizisten, die daran teilgenommen haben. Aus dem deutschen Sprachraum waren 17 Blogger angereist, unter ihnen Barbara Wenz, die in der Nähe der Adriastadt Ancona in den Marken lebt. 2007konvertierte sie zum Katholizismus und betreibt seither ihren Blog Elsas Nachtbrevier. Wir haben Barbara Wenz gefragt, welches Potenzial für die Kirche in der Welt der Blogger liegt.

„Von Bloggerseite wurde, von der Bloggerin „the anchoress“, gesagt: die Kirche braucht uns und wir können der Kirche helfen. Denn Blogger sind imstande, die öffentliche Meinung wirklich auf eine andere Weise zu beeinflussen (als die klassischen Medien). Das sieht man auch am Verlauf der Berichterstattungen, wenn es um negative Vorkommnisse im Bereich der Kirche ging, beispielsweise im Fall Williams. Da standen die Blogger bei Fuß und haben aufgeklärt, worum es sich wirklich handelt. Das gab es vorher nicht. Vorher war die öffentliche Meinung alleine in der Hand der säkularen Medien mit einem dementsprechend negativen Ergebnis für die Kirche. Was ich mir wirklich wünschen würde, wäre eine stärkere Vernetzung mit dem Vatikan. Dass wir die Dokumente, die da sind, in die Alltagssprache übersetzten können, für die Menschen da draußen. Es sind ja immer sehr spezielle Dokumente, die aus dem Vatikan kommen. Was ich mir zusätzlich wünsche und sicherlich viele Blogger auch: es wäre sehr schön, wenn die Erstübersetzungen von wichtigen Dokumenten auch in Englisch vorlägen, denn Italienisch und Latein sind keine Weltsprachen und wir haben, da wir ja alle auch ehrenamtlich bloggen, nicht immer die Zeit, schnell eine Übersetzung ins Deutsche anzufertigen. Wenn ich das erst nach einer Woche kriege, interessiert das niemanden mehr.“

Die Nachricht, dass der Vatikan zu einem Bloggertreffen einlädt, ging ja sehr schnell um die Welt. Wissen Sie, wie viele Bewerbungen hereinkamen?

„Ich glaube, es waren insgesamt 800 Bewerbungen – und es gab nur 150 Plätze. Was ich eigentlich auch ganz sinnvoll fand, denn alles andere wäre auch zu groß. Mich hat das begeistert, dass einfach spontan, zwei Wochen vor dem Termin, geschrieben wurde: Leute, wir machen jetzt mal ein Bloggertreffen im Vatikan. Hier habt Ihr eine Mailadresse, schickt uns einfach den Link zu Eurem Blog, und dann schauen wir weiter. Das wünsche ich mir zum Beispiel für Deutschland auch, dass die deutschen Bischöfe diesen Mut, diese Frische aufbringen und sagen: Lasst uns einfach mal was machen.“

Sie haben zum ersten Mal institutionell mit dem Vatikan zu tun gehabt, welche Eindrücke haben Sie mitgenommen? Man zerbricht sich ja vorher oft auch den Kopf über Dinge wie: Gibt es da eine Gesichtskontrolle? Was muss ich an einem so ehrwürdigen Ort anziehen? Wie waren da im Endeffekt Ihre Erfahrungen?

„Ich habe eigentlich relativ früh in meinem katholischen Dasein erkannt, dass der Vatikan gar nicht so ist, wie man ihn sich so vorstellt! Ich hatte also überhaupt keine Berührungsängste. Ich habe mir gedacht: Das ist ein Bloggertreffen, also wird sicher irgendjemand schlechter angezogen sein als ich… keine Angst! Auch die Mails, die ich vorher von den Organisatoren bekommen habe, waren so ungezwungen im Tonfall, dass ich wirklich ganz gelassen an die Sache herangegangen bin.“

Wie waren denn dann die Begegnungen mit den vatikanischen Würdenträgern? Erzbischof Celli vom Medienrat, Pater Lombardi, der Pressesprecher des Heiligen Stuhls?

„Sehr, sehr angenehm. Was mir sehr gut gefallen hat, waren die vielen Ordensleute, die als Blogger eingeladen waren. Das war fantastisch! Mönche, Nonnen und Schwester waren da. Vor mir saß eine vielleicht siebzigjährige Schwester, die hat fleißig mitgetippt, was mir nicht durchgängig gelungen ist, weil es sehr anstrengend war, mehrsprachig zu arbeiten. Also, ich habe da einige wirklich bewundert.“

Es gibt ja in der katholischen Welt ganz unterschiedliche Einstellungen zu Blogs, diesem ungeheuer schnellen, personenbezogenen, vielfältigen Informations-Weg. Welche Beobachtungen haben Sie da gemacht, seit Sie selbst bloggen?

„Es ist in der englischsprachigen Welt viel verbreiteter und positiver angesehen, zu bloggen. In den USA zum Beispiel bloggen unglaublich viele Bischöfe. Fast jeder nutzt die Möglichkeit, sich auf diese Weise auszutauschen. Kardinal Sean O'Malley führt einen eminenten Blog. Das wird ganz anders gewürdigt und geschätzt, während wir Blogger im deutschsprachigen Bereich es etwas schwerer haben, weil es einfach viel Missbrauch gibt, viele, sagen wir, „Verrückte“, die die Anonymität des Internets ausnützen, um sich auszutoben. In Deutschland oder im deutschsprachigen Bereich hat man meines Erachtens den Fehler gemacht, nur die Fehler, nur dieses Randphänomen zu sehen, und weniger, was für ein journalistisches Potential, was für ein Verkündigungspotenzial im katholischen Bloggen liegt. Da haben wir etwas nachzuholen im deutschsprachigen Raum. Deshalb würde es mir sehr gut fallen, wenn es so etwas auch auf der nationalen Ebene gäbe, weil mittlerweile auch viele Journalisten aus dem Printbereich einen Weblog führen.“

Können Sie ungefähr einschätzen, wie viele Blogs mit religiösem Inhalten es im deutschen Sprachraum gibt?

„Als ich angefangen habe mitzulesen, im Jahr 2006 - also vor meiner Konversion - waren das drei oder fünf Leute. Wenn man sich das jetzt ansieht, im Jahr 2011, würde ich sagen, es sind schätzungsweise 300. Es werden jeden Tag mehr: Die Szene wächst, sehr, sehr schnell.“

(rv 05.05.2011 gs)








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