„Kirchliches Bloggertreffen in Deutschland wäre schön"
Eine große Sache,
das war das Bloggertreffen im Vatikan für viele der 150 Internetpublizisten, die daran
teilgenommen haben. Aus dem deutschen Sprachraum waren 17 Blogger angereist, unter
ihnen Barbara Wenz, die in der Nähe der Adriastadt Ancona in den Marken lebt. 2007konvertierte
sie zum Katholizismus und betreibt seither ihren Blog Elsas Nachtbrevier. Wir haben
Barbara Wenz gefragt, welches Potenzial für die Kirche in der Welt der Blogger liegt.
„Von
Bloggerseite wurde, von der Bloggerin „the anchoress“, gesagt: die Kirche braucht
uns und wir können der Kirche helfen. Denn Blogger sind imstande, die öffentliche
Meinung wirklich auf eine andere Weise zu beeinflussen (als die klassischen Medien).
Das sieht man auch am Verlauf der Berichterstattungen, wenn es um negative Vorkommnisse
im Bereich der Kirche ging, beispielsweise im Fall Williams. Da standen die Blogger
bei Fuß und haben aufgeklärt, worum es sich wirklich handelt. Das gab es vorher nicht.
Vorher war die öffentliche Meinung alleine in der Hand der säkularen Medien mit einem
dementsprechend negativen Ergebnis für die Kirche. Was ich mir wirklich wünschen würde,
wäre eine stärkere Vernetzung mit dem Vatikan. Dass wir die Dokumente, die da sind,
in die Alltagssprache übersetzten können, für die Menschen da draußen. Es sind ja
immer sehr spezielle Dokumente, die aus dem Vatikan kommen. Was ich mir zusätzlich
wünsche und sicherlich viele Blogger auch: es wäre sehr schön, wenn die Erstübersetzungen
von wichtigen Dokumenten auch in Englisch vorlägen, denn Italienisch und Latein sind
keine Weltsprachen und wir haben, da wir ja alle auch ehrenamtlich bloggen, nicht
immer die Zeit, schnell eine Übersetzung ins Deutsche anzufertigen. Wenn ich das erst
nach einer Woche kriege, interessiert das niemanden mehr.“
Die Nachricht,
dass der Vatikan zu einem Bloggertreffen einlädt, ging ja sehr schnell um die Welt.
Wissen Sie, wie viele Bewerbungen hereinkamen?
„Ich glaube, es waren insgesamt
800 Bewerbungen – und es gab nur 150 Plätze. Was ich eigentlich auch ganz sinnvoll
fand, denn alles andere wäre auch zu groß. Mich hat das begeistert, dass einfach spontan,
zwei Wochen vor dem Termin, geschrieben wurde: Leute, wir machen jetzt mal ein Bloggertreffen
im Vatikan. Hier habt Ihr eine Mailadresse, schickt uns einfach den Link zu Eurem
Blog, und dann schauen wir weiter. Das wünsche ich mir zum Beispiel für Deutschland
auch, dass die deutschen Bischöfe diesen Mut, diese Frische aufbringen und sagen:
Lasst uns einfach mal was machen.“
Sie haben zum ersten Mal institutionell
mit dem Vatikan zu tun gehabt, welche Eindrücke haben Sie mitgenommen? Man zerbricht
sich ja vorher oft auch den Kopf über Dinge wie: Gibt es da eine Gesichtskontrolle?
Was muss ich an einem so ehrwürdigen Ort anziehen? Wie waren da im Endeffekt Ihre
Erfahrungen?
„Ich habe eigentlich relativ früh in meinem katholischen Dasein
erkannt, dass der Vatikan gar nicht so ist, wie man ihn sich so vorstellt! Ich hatte
also überhaupt keine Berührungsängste. Ich habe mir gedacht: Das ist ein Bloggertreffen,
also wird sicher irgendjemand schlechter angezogen sein als ich… keine Angst! Auch
die Mails, die ich vorher von den Organisatoren bekommen habe, waren so ungezwungen
im Tonfall, dass ich wirklich ganz gelassen an die Sache herangegangen bin.“
Wie
waren denn dann die Begegnungen mit den vatikanischen Würdenträgern? Erzbischof Celli
vom Medienrat, Pater Lombardi, der Pressesprecher des Heiligen Stuhls?
„Sehr,
sehr angenehm. Was mir sehr gut gefallen hat, waren die vielen Ordensleute, die als
Blogger eingeladen waren. Das war fantastisch! Mönche, Nonnen und Schwester waren
da. Vor mir saß eine vielleicht siebzigjährige Schwester, die hat fleißig mitgetippt,
was mir nicht durchgängig gelungen ist, weil es sehr anstrengend war, mehrsprachig
zu arbeiten. Also, ich habe da einige wirklich bewundert.“
Es gibt ja in
der katholischen Welt ganz unterschiedliche Einstellungen zu Blogs, diesem ungeheuer
schnellen, personenbezogenen, vielfältigen Informations-Weg. Welche Beobachtungen
haben Sie da gemacht, seit Sie selbst bloggen?
„Es ist in der englischsprachigen
Welt viel verbreiteter und positiver angesehen, zu bloggen. In den USA zum Beispiel
bloggen unglaublich viele Bischöfe. Fast jeder nutzt die Möglichkeit, sich auf diese
Weise auszutauschen. Kardinal Sean O'Malley führt einen eminenten Blog. Das wird ganz
anders gewürdigt und geschätzt, während wir Blogger im deutschsprachigen Bereich es
etwas schwerer haben, weil es einfach viel Missbrauch gibt, viele, sagen wir, „Verrückte“,
die die Anonymität des Internets ausnützen, um sich auszutoben. In Deutschland oder
im deutschsprachigen Bereich hat man meines Erachtens den Fehler gemacht, nur die
Fehler, nur dieses Randphänomen zu sehen, und weniger, was für ein journalistisches
Potential, was für ein Verkündigungspotenzial im katholischen Bloggen liegt. Da haben
wir etwas nachzuholen im deutschsprachigen Raum. Deshalb würde es mir sehr gut fallen,
wenn es so etwas auch auf der nationalen Ebene gäbe, weil mittlerweile auch viele
Journalisten aus dem Printbereich einen Weblog führen.“
Können Sie ungefähr
einschätzen, wie viele Blogs mit religiösem Inhalten es im deutschen Sprachraum gibt?
„Als
ich angefangen habe mitzulesen, im Jahr 2006 - also vor meiner Konversion - waren
das drei oder fünf Leute. Wenn man sich das jetzt ansieht, im Jahr 2011, würde ich
sagen, es sind schätzungsweise 300. Es werden jeden Tag mehr: Die Szene wächst, sehr,
sehr schnell.“