Österreich: Religionsvertreter fordern mehr Integrationsbemühungen
Für mehr Integrationsbemühungen
haben sich am Montagabend die führenden Religionsvertreter in Österreich ausgesprochen.
Kardinal Christoph Schönborn, der orthodoxe Metropolit Michael Staikos, der lutherische
Bischof Michael Bünker, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Anas Schakfeh
und Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde: Sie alle waren auf
Einladung von Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger im Außenministerium
zu einer Debatte zusammengekommen. Österreich brauche einen Paradigmenwechsel, meinte
Muzicant: Bevölkerungswanderungen und damit auch Integration seien eine unabwendbare
Realität und müssten deswegen positiv in den Blick genommen werden. Es gelinge der
Politik aber nicht, den Menschen die Angst zu nehmen und eine Entemotionalisierung
der Debatte zu bewirken.
An der Auseinandersetzung mit dem Fremden führe im
Europa des 21. Jahrhunderts kein Weg vorbei, pflichtete Metropolit Staikos bei. Für
die orthodoxen Zuwanderer nach Österreich stellte er fest, dass sich diese gut integrieren
würden. Freilich, räumte er ein, sei dies für orthodoxe Christen in Österreich auch
leichter als für Muslime. Schakfeh wiederum wies darauf hin, dass die Integration
der Muslime in Österreich weit besser sei als in so manchen anderen Ländern Europas.
Bischof Bünker erinnerte Außenminister Spindelegger daran, dass die Religionsgemeinschaften
bereits 2008 den politisch Verantwortlichen ein ausführliches Dokument über ihre gemeinsamen
Vorstellungen von Integration vorgelegt hätten. Religion dürfe im Rahmen des Integrationsprozesses
nicht als Problem, sondern als Teil der Lösung angesehen werden.
Kardinal
Schönborn sprach von „Hausaufgaben“, die alle gesellschaftlichen Akteure von der Politik
bis zu den Kirchen zu erledigen hätten. Integration könne letztlich nur gelingen,
wenn es zu einer „gelebten Nachbarschaft“ komme; wenn sich die Menschen gegenseitig
einladen, gemeinsam Feste feiern oder sich auch sozial engagieren, so Schönborn.
Angesprochen
auf den Dialog zwischen Judentum und Christentum meinte Muzicant, dass dieser „sehr
gut“ sei, jener zwischen Judentum und Islam hingegen „sehr schlecht“. Dem widersprach
auch Schakfeh nicht. Einig waren sich beide auch über den Grund dafür: der Nahostkonflikt.
Persönlich habe man hingegen keine Probleme miteinander. Metropolit Staikos ortete
noch viel Aufholbedarf beim „interreligiösen Dialog“, und hoffte, „das man vielleicht
irgendwann auch über unangenehme Dinge sprechen können wird, für die es heute noch
zu früh ist“. Als Beispiel nannte der Metropolit die Christenverfolgung in islamischen
Ländern.
Spindelegger wies in seinem Statement auf das im EU-Vertrag von Lissabon
verankerte Dialoggebot zwischen Kirchen und Religionsgemeinschaften und der EU sowie
die in der EU-Charta der Menschenrechte verbriefte Religionsfreiheit hin. Er verstehe
diese Grundlagen auch als „Auftrag an uns alle, die Ziele und Werte der Europäischen
Union aktiv mit zu gestalten“. Einig waren sich die Diskutanten, dass der Dialog nicht
nur auf höchster Ebene geführt werden dürfe. Er müsse die Basis erreichen. Er wolle
sich deshalb zumindest auch auf einen Dialog zwischen Politik und Kirchen auf Bundesländerebene
einsetzen, so Spindelegger.