2011-05-04 13:06:30

Vatikan: „Religionsfreiheit ist Schlüssel-Grundrecht"


RealAudioMP3 Mit dem Thema Religionsfreiheit hat sie die eben im Vatikan zu Ende gegangene Vollversammlung der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften beschäftigt. Eine ganze Palette von Erscheinungen tut sich da auf: Von diversen Kruzifix-Urteilen in Europa bis zum Blasphemiegesetz in Pakistan, von der Verfolgung der Bahai bis zur gezielten Ermordung von Christen mit dem Ziel der Einschüchterung anderer. Religionsfreiheit hat sich gerade in den letzten Jahren als zentrales Menschenrecht gezeigt, erklärte uns der Münchner Sozialrechtler Hans F. Zacher, der seit langen Jahren Mitglied der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften ist. Deshalb habe sich das prominente vatikanische Debattenforum des Themas angenommen.

„Bei der Religionsfreiheit nimmt man auf das Transzendente Bezug – es geht um den Respekt vor der Teilhabe am Transzendenten. Das ist das, was die Religionsfreiheit zu einem Sondergrundrecht macht, aber auch besondere Anfeindungen gegen die Religionsfreiheit auslöst. Dabei bekämpfen nicht nur die Feinde der Religion überhaupt, die tun es auch, die Religionsfreiheit, sondern auch die Religionen gegenseitig schließen sich aus.“

Das habe die Katholische Kirche früher auch getan, „indem sie Protestanten vertrieb und jeden einzelnen mit der Inquisition verfolgte, wenn er auch nur in Spuren eine andere Religion gehabt habe“, so Zacher.

„Jetzt tun das die Muslime, und auch in Indien haben wir ähnliche Phänomene. Von der Religionsfreiheit hängen aber alle anderen Menschenrechte ab: Wenn ich vertrieben, vernichtet, eingekerkert werde, habe ich von den anderen Menschenrechten auch nichts mehr, und infolgedessen ist Religionsfreiheit wirklich ein Schlüsselgrundrecht geworden.“

Gerade aus der historischen Perspektive heraus glaubt Zacher nicht, dass die Religionsfreiheit heute mehr als der Vergangenheit bedroht ist. Religions-Unfreiheit sei in früheren Jahrhunderten selbstverständlich gewesen. Allerdings sei in den letzten Jahren im militanten Säkularismus eine neue Form der Unterdrückung von Religionsfreiheit entstanden, und zwar im entwickelten demokratischen Westen.

„Was also an Säkularismus schädlich und böse ist, ist, dass die Leute, die nun entdecken, dass man auch ohne Religion leben kann, sagen, jetzt sollen die anderen auch keine Religion mehr haben, jedenfalls soll man es überhaupt nicht mehr merken, das soll ganz ihre Privatsache sein. Der Satz „Religion soll Privatsache sein“ hat eine ganz neue Bedeutung gewonnen, es wird tatsächlich in den Bereich des Privatlebens verdrängt, und alles Öffentliche an Religion wird vom Säkularismus angefeindet.“

Von der Ermordung des Terroristenführers Bin Laden in der Nacht auf Montag und der nun befürchteten Verschärfung der Christenverfolgung in einigen Ländern sei in der Vollversammlung nicht die Rede gewesen, erzählte Zacher. Er gibt zu bedenken, dass demgegenüber der aggressive Säkularismus ein „komfortables Problem“ des Westens sei.

„Mir liegt daran, dass die Akademie leider eines nicht erreicht hat: sich neben diesen relativ kleinen Auseinandersetzungen, die sich in Europa abspielen, und die im Vergleich etwa zu Saudi-Arabien und solchen Ländern ja wahnsinnig „schöne“ Probleme sind, dass man sich neben diesem Feinputz auch mehr den Fragen gewidmet hätte, wie kommen wir denn mit den Riesenblöcken von Gottesstaaten zurecht, die dann ja nicht nur sagen, die Herrschaft ist Gottes und wir sind Gottes Stellvertreter, sondern auch sagen, die Scharia ist das Recht Gottes, und du hast keinen Ausweg, wenn du die Scharia nicht befolgst, gehörst du unschädlich gemacht, bestenfalls vertrieben; das spielt sich auch beim Hinduismus ab. Da hat niemand ein Rezept vorgetragen, und man hat den Eindruck gehabt, weil dieses Problem einfach so gewaltig ist, herrscht eine gewisse Fassungslosigkeit.“

(rv 04.05.2011 gs)







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