Moraltheologe: Benedikt XVI. soll Kroatien aus Krise helfen
Neue ethische und
religiöse Impulse für Kroatien erhofft sich der kroatische Moraltheologe Prof. Josip
Grbac vom bevorstehenden Papstbesuch in dem Land. Benedikt XVI. wird Kroatien Anfang
Juni anlässlich des Nationalen Familientages der kroatischen Katholiken besuchen.
Kroatien sei in der „Krise“, so Grbac zur Nachrichtenagentur Kathpress am Rande eines
internationalen Symposions am vergangenen Wochenende in Wien. Darum erhoffe man sich
vom Papst konkrete Wegweisungen, so der Moraltheologe, der an die positive Wirkung
der drei Besuche von Benedikts Vorgänger Papst Johannes Paul II. in Kroatien zurückdenkt.
Der polnische Papst besuchte das Land in den Jahren 1994, 1998 und 2003.„Wir sind
sehr froh, dass auch dieser Papst zu uns kommt – nämlich in einer Zeit der Krise,
in der die kroatische Gesellschaft steckt, nicht nur wirtschaftlich und finanziell,
sondern auch eine moralische Krise. Ich glaube, dass eine Person wie Benedikt XVI.,
der ein großer Intellektueller ist, aber auch ein Mann, der sehr realistisch denkt,
uns einige Anweisungen geben kann, die uns vielleicht aus dieser Krise in ein paar
Jahren rausholen können.“ Energiespritze für die kroatische Kirche? Welche
Botschaft ganz genau Papst Benedikt XVI. für die Menschen in Kroatien haben wird –
darüber gab der Vatikan bisher nichts bekannt. Lediglich die Stationen der zweitägigen
Wochenend-Visite in Zagreb vom 4.-5. Juni wurden vor zwei Wochen vorgestellt: Neben
einem Besuch beim Staatspräsidenten spricht der Papst u.a. vor Politikern, Wissenschaftlern,
Diplomaten und Religionsführern und trifft mit Jugendlichen zusammen. Höhepunkt ist
natürlich die Messe zum Nationalen Familientag am Sonntag im Hippodrom der kroatischen
Hauptstadt. Grbac erhofft sich vom Papstbesuch auch Anstöße für Kroatiens Kirche:
Gegen die depressive Stimmung im Land solle sie aktiv mit konkreten Verbesserungsvorschlägen
angehen und wieder mehr Optimismus verbreiten, betonte Grbac. Die für den Herbst geplante
„Soziale Woche“, auf der Probleme in der Arbeitswelt und Lösungswege hin zu einer
menschenfreundlicheren Wirtschaft vorgestellt werden sollen, sei da zum Beispiel ein
guter Schritt.Gotovina-Urteil ungerecht Auf die Urteile des UN-Kriegsverbrechertribunals
in Den Haag gegen die beiden kroatischen Militärs Ante Gotovina und Mladen Markac
angesprochen, bekräftigte Grbac die offizielle Position: Für das kroatische Volk wie
auch die katholische Kirche sei das Urteil nicht hinnehmbar. „Wir glauben,
dass mit diesem Urteil eine Ungerechtigkeit gemacht wurde. Und wir hoffen, dass das
Urteil im zweiten Gang korrigiert werden kann.“ Die Kritiker des Urteils stoßen
sich daran, dass in dem Urteil die Rede von „gemeinsamen kriminellen Unternehmungen“
ist. Die Formulierung sei „nicht gerechtfertigt“ und eine Beleidigung des kroatischen
Volkes und der Rechtsprechung überhaupt, da das Tribunal hier keine individuellen
Verantwortungen aufzeige, so Grbac. Gotovina und Markac waren Mitte April vom
Tribunal in Den Haag wegen Kriegsverbrechen zu 24 bzw. 18 Jahren Haft verurteilt worden.
Das Tribunal sah es als erwiesen an, dass die von Gotovina befohlenen Bombardierungen
von Benkovac, Knin und Obrovac Anfang August 1995 „illegale Angriffe gegen Zivilisten
und zivile Ziele“ waren. Zusammen mit Markac wurde Gotovina für schuldig befunden,
im Zuge einer „gemeinsamen kriminellen Unternehmung“ Morde, Plünderungen und grausame
Handlungen verübt zu haben. Drahtzieher sei der verstorbene kroatische Präsident Franjo
Tudjman als oberster politischer und militärischer Führer gewesen. (kap 02.05.2011
pr)