Mehr als eine Million zurückgelegte Kilometer und insgesamt 127 besuchte Länder dieser
Erde. Papst Johannes Paul II. war ein Pilger des Glaubens und seiner Kirche. Noch
nie in der Geschichte ist ein Papst derart viel und weit gereist, und augenzwinkernd
hat er deshalb den Spitznamen des „eiligen Vaters“ zugesprochen bekommen. Die Folgen,
die diese Reisen des Papstes gehabt haben, vor allem jene in sein Heimatland Polen,
sind in die Geschichte eingegangen. Unvergessen ist das Bild jenes weiß gekleideten
Mannes, der bei seiner Ankunft knieend den Boden küsst. In Hinblick auf die bevorstehende
Seligsprechung Johannes Pauls II. lade ich Sie ein, in der heutigen Sendung „Kreuz
des Südens“ mit mir einen Blick auf einige seiner Reisen in den Süden zu werfen.
Sambia,
1989 Es ist die insgesamt fünfte Afrikareise des Papstes. Johannes Paul II. besucht
zum ersten Mal die Inseln Madagaskar und La Reunion im Indischen Ozean sowie den afrikanischen
Binnenstaat Sambia. Dort begrüßt er am 2. Mai die Gläubigen, Priester und Seminaristen
vor der Kathedrale der Hauptstadt Lusaka:
„Sambia! Danke von ganzem Herzen!
Bürger von Sambia! Dank euch für eure Gastfreundschaft! Gottes Segen sei mit euch!
Möge Gottes Kirche so wie diese Kathedrale von Lusaka gebaut sein! Möge
die Gesellschaft Sambias, die ganze Nation, auf Gerechtigkeit und Nächstenliebe aufgebaut
sein! Sambia, ich danke dir von ganzem Herzen.“
1995, ein Jahr nach der
Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika. Papst Johannes Paul II. besucht im
Herbst Kamerun, Südafrika und Kenia. Am 18. September wird der Papst am internationalen
Flughafen in Nairobi willkommen geheißen. Zu dieser Zeit, Anfang der 90er-Jahre, wurde
Kenia von den schwersten Korruptionsskandalen seiner Geschichte erschüttert. Der
Papst lässt es sich nicht nehmen, bereits in seiner Begrüßungsrede einen Seitenhieb
auf die vielfach korrupten Behörden auszuteilen und damit die Sympathie des Volkes
auf sich zu ziehen:
„Eure Exzellenz Herr Präsident, Mitglieder der Regierung,
lieber Kardinal Otunga, meine Brüder, die Bischöfe, liebes Volk von Kenia! Ich danke
dem allmächtigen Gott, aus dessen wundervollen Herkunft ich die Möglichkeit habe,
zum dritten Mal das wunderschöne Kenia zu besuchen. Ich danke Ihnen, Herr Präsident,
für Ihre netten Willkommensworte. Ich grüße die örtlichen Behörden, deren Präsenz
ich als Zeichen der Freundschaft auffasse sowie als Zeichen des gemeinsamen Wunsches,
dem Wohlergehen aller Kenianer zu dienen. Von ganzem Herzen grüße ich das ganze Land,
alle Menschen, egal welcher Herkunft und Kultur. In Hinblick auf eure traditionelle
Gastfreundschaft sage ich: Wananchi wote, wananchi wote, wapenzi!“ (Anm.d.Red.: Swahili
für „liebes Volk, mein geliebtes Volk“)
Hintergrund der Reise war das nachsynodale
Apostolische Schreiben Ecclesia in Africa über die Kirche in Afrika und den Evangelisierungsauftrag
im Hinblick auf das Jahr 2000, das gerade vor vier Tagen veröffentlicht worden war.
„Indem sie die eigene spirituelle Mission erfüllt, schreitet die Kirche
voran, um die Würde, die Freiheit und den Fortschritt der Menschen zu schützen. Das
macht sie mit Hilfe ihrer zahlreichen Schulen und Erziehungsprogramme, die karitativen
Einrichtungen, all ihre Kräfte einsetzend, um den sozialen Fortschritt voranzubringen.
Die Kirche in Kenia, unter der Führung der Bischöfe, hat eine solide Geschichte des
Dienstes am Gemeingut, und ich bin mir sicher, dass alle wünschen, für das Wohl der
Nation das Vertrauen und die Zusammenarbeit auf beiden Seiten zu stärken.“
Im
selben Jahr 1995 hat Johannes Paul II. eine seiner längsten Reisen unternommen. Nach
Besuchen auf den Philippinen, in Papa Neuguinea und Australien hat der Papst zwei
Tage auf Sri Lanka verbracht. Die Insel ist ein Vielvölkerstaat, in dem der Buddhismus,
der Hinduismus, der Islam und das Christentum vertreten sind. Mitte der Neunziger
Jahre eskaliert der seit Jahren schwelende Bürgerkrieg zwischen den Singhalesen, die
die Mehrheit auf Sri Lanka stellen, und der größten Minderheit des Landes, den Tamilen.
Mitten in dieser politisch instabilen Zeit trifft der Papst am 21. Jänner in der Hauptstadt
Colombo die Vertreter der unterschiedlichen Religionen und ruft zum Frieden auf:
„Vertreter der Religionen, ich bin sehr erfreut, während meiner Reise nach Sri Lanka
die Möglichkeit zu haben, die Vertreter der verschiedenen Religionen zu treffen, die
seit vielen Jahren in Harmonie auf dieser Insel zusammen leben. Vor allem der Buddhismus,
den es hier seit mehr als 2.000 Jahren gibt, der Hinduismus, auch er seit langer Zeit
vertreten, den Islam und das Christentum. Diese gleichzeitige Präsenz dieser großen
religiösen Traditionen ist der Ursprung des Reichtums für die Gesellschaft Sri Lankas.
Zugleich bedeutet es eine Herausforderung für die Gläubigen, und vor allem für die
religiösen Oberhäupter, garantieren zu können, dass die Religion selbst immer eine
Quelle der Harmonie und des Friedens bleibt. Bei der Gelegenheit meines pastoralen
Besuchs der Katholiken in Sri Lanka, wünsche ich, auf den tiefen und stetigen Respekt
hinzuweisen, den die Kirche und ich den spirituellen und kulturellen Werten entgegenbringen,
von denen ihr Zeugen seid.“
Unvergessen ist der Besuch Johannes Pauls II.,
der sich während seines Pontifikats stark für die Verständigung unter den Religionen
eingesetzt hat, am Mahatma Ghandi-Memorial in Indien. Am 1. Februar 1986 hält der
Papst in Delhi vor dem Raj Ghat, dem Ort der Einäscherung des Leichnams Ghandis, folgende
Rede:
„Liebe Freunde! Mein Besuch in Indien ist ein Pilgerweg des guten
Willens und des Friedens, und dessen Erfüllung geht aus meinem Wunsch hervor, persönlich
den Geist eures Landes kennen zu lernen. Es ist mehr als richtig, dass dieser Pilgerweg
hier am Raj Ghat seinen Anfang nimmt, das zum Gedenken an den besonderen Mahatma Ghandi
erinnert, Vater der Nation und Apostel der Nicht-Gewalt. Die Person Mahatma Ghandis
und die Bedeutung seiner Arbeit, der er sein Leben gewidmet hat, ist im Bewusstsein
der Menschen verankert. In seinen feierlichen Worten drückt das Pandit Jawaharlal
Nehru die Überzeugung der ganzen Welt aus: Das Licht, das in diesem Land geleuchtet
hat, ist kein Licht wie alle anderen gewesen.“ Im Anschluss an die Reise in
Indien besucht der Papst 1986 Mutter Teresa in Kalkutta. In dem Haus, in dem Mutter
Teresa mit ihren Missionarinnen der Nächstenliebe sterbende Leprakranke betreute,
betete der Papst für die Armen und Kranken: „Allmächtiger und ewiger Gott, Vater
der Armen, Beschützer der Kranken, Hoffnung der Sterbenden. Deine
Liebe führt jeden Moment unseres Lebens. Hier in Nirmal Hriday, in diesem Ort der
liebevollen Fürsorge an den Kranken und Sterbenden, erheben wir unseren Geist und
unsere Herzen zum Gebet. Wir danken dir für das Geschenk des menschlichen Lebens und
vor allem für das Versprechen des ewigen Lebens.“
Bereits drei Monate nach
seiner Wahl zum Papst ist Johannes Paul II. Ende Jannuar 1979 zu seiner ersten Reise
aufgebrochen, die ihn in die Dominikanische Republik, auf die Bahamas und nach Mexiko
führte. Elf Jahre später, im Mai 1990, kehrt Johannes Paul II. ein zweites Mal nach
Mexiko zurück. Am Wallfahrtsort der Schutzpatronin Mexikos im Heiligtum der Heiligen
Maria von Guadalupe im Süden von Mexiko City beginnt er seine Sonntagspredigt mit
einem Bibelzitat des Apostels Petrus:
„Christus… welcher unsre Sünden selbst
hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz … durch welches Wunden ihr seid heil
geworden. (1 Pt. 2, 21. 24. 25) Liebste Söhne und
Töchter Mexikos, Ich bin wieder in euer Land gekommen, um vor euch und mit
euch allen den Glauben in Christus zu bezeugen, dem einzigen Herrscher der Erde. Ich
möchte ihn in allen Orten meines Pilgerwegs in eurem Land ausrufen. Ich möchte es
vor allem hier machen, in diesem für euch außerordentlich heiligen Ort: dem Tepeyac.“
Ziel
dieser zweiten Reise nach Mexiko waren auch die Seligsprechungen, unter anderem jene
des ersten seligen Ureinwohners Amerikas Juan Diego, den er später, im Jahr 2002,
heilig sprechen wird. Diego ist der Seher von Guadalupe, dem im Jahre 1531 auf dem
Berg Tepeyac die Heilige Jungfrau Maria erschienen ist.
„Juan Diego, der
Getreue der zärtlichen Mutter des Tepeyac. Die drei Märtyrer-Kinder von Tlaxyala,
Cristóbal, Antonio und Juan. Der Priester und Begründer José María de Yemo y Parres.
Ihre Namen sind schon im Himmel eingeschrieben, seit heute sind sie im
Buch der Seligen und der Geschichte des Glaubens der Kirche Jesu Christi eingetragen,
die in Mexiko lebt und Pilgerin ist.“