2011-04-26 15:56:36

Indien: Gesellschaft der vielen Kontraste


Indien – ein Mosaik der Religionen. Kaum ein anderes Land kennt eine größere Vielfalt an Glaubensrichtungen. Buddhismus, Hinduismus und Islam sind nur einige von ihnen. Wir sprachen mit dem Erzbischof von Bhopal, Leo Cornelio, über die Gesellschaft der vielen Kontraste. Warum gilt das Christentum auf dem indischen Subkontinent immer noch als Exot?

„Es ist eine Gesellschaft mit vielen Kontrasten und der christliche Grundgedanke ist, dass wir alle Kinder Gottes sind und dass man den armen, niedrigen Kasten helfen muss. Hier haben wir einen Konflikt, da die indische Gesellschaft immer noch in ihrem Kastensystem denkt. Daher ist das für sie nicht verständlich. Die Extremisten denken dann immer, dass das was wir in den Dörfern machen nur dem Zwecke der Konversion dient und das ist ein falsches Ideal.“

Laut indischem Gesetz sind alle Menschen gleich. Das Kastensystem ist seit der Unabhängigkeit Indiens 1947 offiziell abgeschafft – dennoch in den Köpfen der Bevölkerung fest verankert. Das indische Höchstgericht hat nun die sogenannten Kastenräte für nicht verfassungskonform erklärt. Sie stehen seit langen im Widerspruch zum indischen Rechtssystem. Inwieweit sich die Gesellschaft dem unterordnen wird, wird sich zeigen. Von einer Kirchenferne kann man in Indien nicht sprechen. Jeder, dem man auf der Straße begegnet, ordnet sich irgendeiner Religionsgemeinschaft zu – auch die jungen Menschen.

„98% der jungen Leute in Indien praktizieren Religion. Sie glauben an Gott und sie Glauben an die Religion, egal ob Hinduismus, Islam oder Christentum. Warum? In Indien ist es ein Naturell, dass man einer Religion angehört. Man kann nicht verstehen, dass man an keinen Gott glaubt. Der Glauben gibt den Menschen Identität.“

Auch die Situation der indischen Frau ist vielschichtig. Obwohl auch sie laut indischem Gesetz gleichberechtigt werden muss, wird sie in vielen Teilen des Landes unterdrückt. Viele indische Frauen sind Analphabeten, da ihre Ausbildung größtenteils ungefördert bleibt. Sie gehören immer noch zur unteren Klasse. Erzbischof Cornelio weiß über diese Problematik Bescheid. Die Kirche in Indien unternimmt bereits erste Schritte zur Eingliederung der Frau.

„In der Kirche nehmen in verschiedenen Verantwortungsbereichen auch die Frauen teil. Wir haben jetzt auch Frauen als Messdienerinnen. Wir machen hier viel, aber in der indischen Gesellschaft und auch aus der historischen Geschichte heißt es immer: Mädchen sind die zweite Klasse. Diesen Eindruck muss man langsam verändern und diese Gedanken aus der Gesellschaft verbannen.“

Trotz der allgemeinen Toleranz unter den verschiedenen Religionen, sind vor allem Christen immer wieder Ziel hindu-fundamentalistischer Anschläge. Christen im Land werden diskriminiert. Das hat auch die Geschichte des Landes zum Hintergrund. Indien wurde lange Zeit von den Kolonialmächten ausgebeutet und unterdrückt. Viele verbinden das Christentum mit der Zeit der Kolonialherrschaft: bestimmt, beherrscht und aufgedrängt. Für sie ist das Christentum Religion der Herrschaft. Doch Cornelio glaubt daran, dass das Christentum fester Bestandteil des bunten Mosaiks der Religionen werden kann.

„In Indien sind die Leute sehr religiös und sie respektieren alles, wenn sie sehen, dass wie Männer Gottes sind und Menschen, die anderen dienen, dort wo die Notwendigkeit groß ist.“

(26.04.2011 kb)








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