2011-04-26 15:56:05

Elfenbeinküste: Der lange Weg zum Frieden


Nach dem monatelangen Bürgerkrieg sind in Elfenbeinküste immer noch tausende Menschen auf der Flucht. Die Lebensbedingungen in vielen der überfüllten Flüchtlingslager sind nach wie vor katastrophal, trotz internationaler Hilfe fehlt es am Allernötigsten wie Lebensmittel und Medikamente. Viele der durch den Bürgerkrieg Vertriebenen haben in katholischen Gemeinschaften Zuflucht gesucht. So auch in Youpougon, einem Vorort der wochenlang heftig umkämpften Wirtschaftsmetropole Abidjan. Der Leiter der örtlichen Missionsgemeinschaft Villaregia, Pater Amedeo Porcu, kümmert sich mit seinen Helfern um rund 8.000 dieser Flüchtlinge.

„Hier in der Mission bieten wir verschiedenen Personen, die einen Schlafplatz und Schutz suchen, ein Dach über dem Kopf. Die meisten dieser Menschen sind von den Greueltaten der Milizsoldaten oder der liberianischen Söldner geflüchtet. Sie sind hier, weil sie Schutz bei Gott suchen. Unter ihnen sind Christen und Katholiken aber auch Nicht-Christen, die in der Kirche jene Mutter suchen, die auf jeden Fall alle aufnimmt.“

Der Bürgerkrieg in Elfenbeinküste hat eine Massenflucht ausgelöst. Nach Schätzungen des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen sind in den vergangenen Monaten mehr als eine Million Menschen aus ihrer Heimat vertrieben worden. Unter den blutigen Machtkämpfen hat vor allem die Zivilbevölkerung leiden müssen.

„Unter den Vertriebenen sind alte Menschen, Frauen, Kinder, ganze Familien, die aus jenen Regionen kommen, die besonders heftig umkämpft waren oder stark bedroht waren. Mitten in der Nacht haben bewaffnete Männer die Wohnhäuser geplündert und alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war. Gelegentlich haben sie auch Menschen umgebracht, vor allem, wenn sie in den Häusern Menschen entdeckt haben, die einer anderen Ethnie angehören oder die sie für Feinde gehalten haben. Vor kurzem sind wir einer Frau zu Hilfe geeilt, die in ihrer Gegend von einer Granate verletzt worden war. Ihr ganzes Bein war zu Brei zerquetscht. Wir haben sie mit unserem Auto abholen müssen, um sie in ein nahes Krankenhaus zu bringen, und haben dabei wirklich viel riskieren müssen.“

Die blutigen Kämpfe sind nach den Präsidentschaftswahlen im vergangenen November ausgebrochen. Der bisherige Präsident Laurent Gbagbo hatte sich geweigert, den international anerkannten Wahlsieg seines Herausforderers Alassane Ouattara zu akzeptieren und abzutreten. Die Kämpfe zwischen den Anhängern beider Lager haben erst nachgelassen, als vor zwei Wochen französische Spezialeinheiten Gbagbo festgenommen hatten. Zum Frieden ist es aber noch ein langer Weg, so Pater Porcu:

„Wir leben hier ohne Zweifel in einem Nest des Widerstands. Denn die Stadt, in der wir leben, war immer schon auf der Seite des alten Präsidenten. Für die Menschen hier ist es also nicht einfach, sich mit der neuen Situation anzufreunden. Es gibt hier vor allem Söldner aus Liberia, die erst vor kurzem zu den Waffen gegriffen haben und sie nicht so schnell niederlegen werden. Und dann sind da junge Milizsoldaten, die sich sicherlich auch einen Vorteil verschaffen wollen: Die Immunität oder ein wenig Geld, um die Waffen nieder zu legen. Außerdem hat die Verteilung der Waffen ohne jedes Kriterium stattgefunden. Daher haben auch Kriminelle und Diebe eine Kalaschnikov in die Hand bekommen.“

Papst Benedikt XVI. hat bei seinem Ostersegen am vergangenen Sonntag unter anderem zum Frieden und zur Versöhnung in Elfenbeinküste aufgerufen. Für Pater Porcu ein Zeichen der Hoffnung in dieser schwierigen Zeit:

„Mit Sicherheit sind wir Zeugen sinnloser Grausamkeit geworden, die es manchmal schwer macht, an das Gute im Herzen der Menschen zu glauben: rassistischer Hass, unglaubliche Gewalt. Daher sind wir sicherlich manches Mal auf die Probe gestellt, ob wir nicht unseren Mut verlieren. Ich glaube aber, dass uns unser Glaube trägt, dass wir die Zeichen der Auferstehung auch in all dieser Trauer sehen können. Wir haben hier Helfer, die rund um die Uhr, Tag und Nacht im Einsatz sind. Junge Mitglieder der Pfarre helfen ebenfalls mit, genauso wie eine Gruppe von freiwilligen Ärzten, die mit den wenigen Mitteln und Medikamenten, die wir hier haben, ihre Arbeit machen. Wir sehen also, dass jenseits der Wahrnehmung, der Brutalität, die hervorbricht, in den Herzen der Menschen etwas Unzerstörbares ist, das direkt von Gott selbst hineingelegt worden ist: die Möglichkeit, zu lieben, der Wunsch nach einem friedlichen Leben, ist stärker als alles andere. Der auferstandene Herr hat all diese Grausamkeit auf sich genommen, damit der Mensch den Kopf wieder aufrichten kann. Wir warten darauf, dass sich dies auch in unserer Geschichte geschieht und wir sind uns sicher: der Glaube trägt uns.“

(rv 26.04.2011 ak)








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