2011-04-23 12:44:28

Karfreitagsliturgie: „Das Leiden ist nie Strafe Gottes"


RealAudioMP3 In Stille, unbeschuht und begleitet von der römischen Kurie hat Papst Benedikt XVI. am Karfreitag das Kreuz Christi, Zentrum der Liturgie des Tages, verehrt. In einem zweieinhalbstündigen Gottesdienst im Petersdom gedachte der Papst des Leidens und Sterbens Jesu Christi. Die Kirche feiert an diesem Tag keine Messe.
Die Predigt hielt traditionsgemäß nicht der Papst selber, sondern der päpstliche Hausprediger, Kapuzinerpater Raniero Cantalamessa. Er blickte auf das Leiden der Welt, gespiegelt im Leiden Jesu. Und er warnte davor, im Kreuz Christi nur Negatives zu sehen:

„Eine einseitige „Theologie des Kreuzes“ kann uns das Wesentliche vergessen machen. Das Kreuz bedeutet für die Welt nicht nur das Urteil Gottes, Widerlegung ihrer Weisheit und Offenbarung ihrer Schuld. Es ist nicht das Nein Gottes gegenüber der Welt, sondern das Ja der Liebe: „Die Ungerechtigkeit, das Schlechte als eine Realität“, schreibt der Heilige Vater in seinem letzten Buch über Jesus, „kann nicht einfach ignoriert und so stehen gelassen werden. Es muss verdaut und besiegt werden. Das ist wahre Barmherzigkeit. Und dass Gott, da die Menschen dazu nicht in der Lage sind, genauso auch jetzt handelt – das ist Gottes bedingungslose Güte“.

Wie aber kann man heute angesichts des Leides in Japan, unter den Flüchtlingen auf dem Mittelmeer und anderswo von dieser Liebe sprechen? Nichtsprechen sei keine Lösung, so Cantalamessa, denn das würde den Glauben verraten. Und so tastete er sich in seiner Predigt an diese Güte Gottes heran, die sich im Sterben Jesu zeige.

„Wenn der Lauf des Lebens hier enden würde, könnte man wirklich verzweifeln an dem Gedanken an die Millionen und vielleicht Milliarden benachteiligten Menschen,“ so der Kapuzinerpater in seiner Predigt.

„Und das alles im Angesicht unglaublich großen Reichtums Luxus bei Anderen. „Aber so ist es nicht. Der Tod gleicht Differenzen nicht nur aus, sondern kehrt sie auch um. … Wir können dieses Schema nun nicht einfach übertragen auf die gesellschaftliche Realität, aber es ermahnt uns, dass der Glauben an die Auferstehung niemanden in seiner ruhigen Existenz verharren lässt. Wir werden daran erinnert, dass die Maxime „leben und leben lassen“ sich niemals in die Maxime „leben und sterben lassen“ verwandeln darf.“

Die Lehre vom Kreuz – eine verkürzte Theologie des Kreuzes – dürfe nicht dazu führen, die Verhältnisse in der Welt zu zementieren. Mit Blick auf die aktuellen Katastrophen in der Welt betonte Cantalamessa, dass wir Lehren ziehen müssten, aber die richtigen.

„Erdbeben, Orkane und anderes Unglück, das die Schuldigen gemeinsam mit den Unschuldigen schlägt, ist niemals eine Strafe Gottes. Das Gegenteil zu behaupten würde bedeuten, Gott und die Menschen zu beleidigen. Sie sind aber eine Ermahnung: in diesem Fall, die Ermahnung, dass wir uns nicht der Illusion hingeben sollten, dass Wissenschaft und Technik ausreichten, uns zu retten. Wenn wir uns nicht Grenzen zu setzen wissen, können diese, gerade diese, wie wir gesehen haben, zur größten Gefahr von allen werden.“

Das Leiden, so führte Cantalamessa mit Worten von Papst Johannes Paul II. aus, lasse teilhaben am Leiden Christi, dies allerdings nicht eins zu eins und direkt, sondern auf eine Weise, die nur Gott verstünde. Hier seien vor allem die Märtyrer, vor allem die heutigen wie die französischen Zisterziensermönche in Tibhirine aus dem Film „Von Göttern und Menschen“ und auch der ermordete pakistanische Politiker Shabaz Bhatti zu nennen.

„Die Globalisierung hat wenigstens diesen Vorteil: Der Schmerz eines Volkes wird zum Schmerz aller, zieht die Solidarität aller nach sich. Das gibt Anlass dazu zu entdecken, dass wir eine menschliche Familie sind, verbunden im Guten wie im Bösen. Es hilft, die Grenzen der Rassen, Farben und Religionen zu überwinden.“

Und den deutschen Philosophen Martin Heidegger zitierend schloss er:
„’Nur noch ein Gott kann uns retten’. Wir haben die Garantie, dass er das tun wird, denn ‚Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat’ “.

(rv 23.04.2011 ord)








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