Österreich: Auseinandersetzung mit Judentum nicht Kür, sondern Pflicht
Die Auseinandersetzung
mit dem Judentum ist für Christen keine Kür, sondern Pflicht. Das betont der neue
Präsident des „Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit“ in
Österreich, Professor Martin Jäggle. Aufregung gab es vor drei Jahren nach der Neuformulierung
der Karfreitagsfürbitte für die außerordentliche Form des römischen Ritus, in der
es heißt: Gott möge die Herzen der Juden „erleuchten, damit sie Jesus Christus erkennen“.
Allerdings feiert nur eine kleine Minderheit der Katholiken die Messe in der alten
Form. Jäggle beobachtet, dass sich inzwischen, nicht zuletzt durch das neue Jesusbuch
des Papstes, die Wellen zwischen Juden und Christen geglättet haben:
„Die
Irritation war groß. Die faktische Realität dieser Karfreitagsfürbitte ist klein.
Die Interpretation von Kardinal Kasper, dass dies im eschatologischen Horizont zu
verstehen ist, hat die Auseinandersetzung zurücktreten lassen. Das Jesusbuch des Papstes
hat viel positive, geradezu euphorische Resonanz auf jüdischer Seite gefunden. Aber
nicht, weil dort grundlegend Neues drin steht, sondern weil es da gebündelt steht.
Ich denke, damit ist die Frage der Karfreitagsfürbitte auch nochmals als Problem relativiert.“
Der
christlich-jüdische Dialog sei unverzichtbar, so Jäggle. Einerseits, weil sich das
Christentum seiner Grundlegung im Judentum ständig neu vergewissern müsse. Andererseits
auch wegen der belasteten Geschichte der Christen gegenüber dem jüdischen Volk.
„Dialogos
heißt, der Wahrheit zum Durchbruch helfen. Im Konzil heißt es, einander bei der Erforschung
der Wahrheit zu Hilfe kommen. Kardinal König hat das einmal sehr gut auf den Punkt
gebracht: Es wird keine neue Offenbarung geben, aber vielleicht verstehen wir in hundert
Jahren die Offenbarung anders. Und so bedeutet „Dialog führen“ nicht, etwas zur Diskussion
stellen. Sondern ein intensives Geschehen des „sich Verständigens“, um der Wahrheit
zum Durchbruch zu verhelfen.“
Eine Plattform für Gespräche, Begegnung und
Bildung. Das bietet der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit
in Österreich bereits seit 55 Jahren. Christliche und jüdische Mitglieder sind im
Vorstand des Vereines formal gleichberechtigt vertreten. (rv 22.04.2011 ak)