Benedikt XVI. im Fernsehen:
Diesmal aber anders als sonst. Der Papst beantwortet Fragen einiger Zuschauer, und
das ohne vorbereiteten Redetext, einfach von seinem Schreibtisch aus. Die Sendung
„Nach seinem Bild und Gleichnis“ des italienischen Fernsehkanals Rai Uno strahlte
an diesem Karfreitagnachmittag die Frage-und-Antwort-Sequenzen mit dem Papst aus.
Die erste Frage stellte ein siebenjähriges Mädchen aus Japan, das das Erdbeben miterlebt
hat. Sie wollte vom Papst wissen, weswegen unschuldige Menschen leiden müssen. Der
Papst dazu:
„Auch ich frage mich genauso: Wieso ist das so? Wieso müsst
ihr so viel leiden, während es anderen Menschen gut geht? Wir haben keine Antwort,
aber wir wissen, dass auch Jesus wie ihr unschuldig gelitten hat und dass der wahre
Gott, der sich in Jesus gezeigt hat, auf eurer Seite ist. Das scheint mir sehr wichtig
zu sein, auch wenn wir keine Antworten haben, auch wenn die Traurigkeit bleibt: Gott
ist bei euch, und das zu wissen, wird euch helfen.“
Die Frage nach dem
menschlichen Leid stellte auch die Mutter eines Kindes, das seit zwei Jahren in so
genanntem vegetativem Koma liegt. Der Papst versicherte ihr, dass ihr Sohn weiterhin
eine Seele hat:
„Man kann das mit einer Gitarre vergleichen, deren Saiten
gerissen sind, so dass man nicht auf ihr spielen kann. Genauso fragil und verletzlich
ist das Instrument des Körpers, und die Seele kann sozusagen nicht auf ihm spielen,
aber sie bleibt doch präsent.“
Auch wenn Benedikt XVI. im italienischen
Fernsehen sprach, so kamen die Fragen doch aus verschiedenen Teilen der Welt. Ein
irakischer Christ zum Beispiel wollte vom Papst wissen, wie man den verfolgten Gläubigen
im Zweistromland helfen könne.
„Ich möchte vor allem aus ganzem Herzen alle
Christen des Iraks grüßen: Ich bete jeden Tag für sie. Sie sind unsere leidenden Brüder,
wie es sie auch in anderen Weltgegenden gibt, und wir müssen unser Möglichstes tun,
damit sie im Land bleiben und der Versuchung zur Auswanderung widerstehen können,
so verständlich diese Versuchung auch ist angesichts ihrer Lebensbedingungen. Wir
sind euch nahe, liebe Brüder im Irak, wir wollen euch helfen – auch wenn ihr zu uns
kommt, wollen wir euch wirklich als Brüder aufnehmen!“
Er sehe im Irak
das Problem, dass sich die Menschen dort noch nicht wirklich „als einheitliches Volk
mit gemeinsamer Geschichte“ sehen, „mit einem Platz für jeden“. Ähnlich sei das auch
auf der Elfenbeinküste, meinte er als Antwort auf die Frage einer Muslimin aus dem
afrikanischen Land: Mit Gewalt lasse sich kein Staat machen, „selbst wenn ihr glaubt,
recht zu haben“.
„Als Gott auf die Erde kam, hätte man erwarten können,
dass er ein mächtiger Mensch sein würde, der die Gegner niederwirft. Aber nichts davon:
Er kam in Schwachheit, nur mit der Kraft der Liebe, ganz ohne Gewalt bis hin zum Kreuz.
Und das zeigt uns das wahre Gesicht Gottes: dass die Gewalt nie von Gott kommt und
nie zu Gutem führt, sondern nur zerstört und nicht den Weg zeigt, um aus Schwierigkeiten
herauszukommen.“
Zwei weitere Fragen an den Papst beschäftigten sich mit
Tod und Auferstehung Jesu – da konnte Benedikt, der vor kurzem sein zweites Jesusbuch
genau über diese Themen veröffentlicht hat, aus dem Vollen schöpfen. Auf eine Frage
zur Marienverehrung meinte er:
„Die Menschheit und die Christenheit haben
immer mehr im Lauf der Zeit verstanden, dass Maria ihre Mutter ist und dass sie mit
allem zu ihr kommen können. Einige, die Schwierigkeiten haben, sich Jesus in seiner
Größe als Gottessohn anzuvertrauen, haben sogar die Erfahrung gemacht, dass ihnen
das bei Maria ohne Schwierigkeiten gelingt. Da mag mancher sagen: Aber das hat doch
kein biblisches Fundament! Darauf antworte ich mit dem heiligen Gregor dem Großen:
Mit dem Gelesenwerden wachsen die Worte der Heiligen Schrift. Das heißt: Sie entwickeln
sich in die Wirklichkeit hinein und wachsen immer mehr in der Geschichte.“