Kolumbien: Zwischen Guerilla, Todesschwadronen und Soldaten
Armut, Drogenguerrilla,
Gewalt und Gegengewalt: Kolumbien steckt seit Jahrzehnten in einem bürgerkriegsähnlichen
Zustand. Die medialen Scheinwerfer beleuchten momentan andere Schauplätze der Welt,
aber Papst Benedikt XVI. hat am Palmsonntag bei seinem Angelusgebet zum Frieden in
Kolumbien aufgerufen. Das deutsche bischöfliche Hilfswerk Adveniat ist seit 50 Jahren
in Lateinamerika aktiv. Wir haben mit dem Kolumbien-Referenten Franz Hellinge über
die Hintergründe dieser Gewalt gesprochen:
„Über den Drogenhandel finanzieren
sich die dort kämpfenden und rivalisierenden Gruppen. Traditionellerweise sind das
einmal die Guerrilla. Auf der anderen Seite stehen die rechten Gruppen, paramilitärische
Todesschwadronen. Zum anderen gibt es das staatliche Militär, das aber immer wieder
mit Menschenrechtsverletzungen von sich reden macht. Der kolumbianische Staat selbst
ist sehr, sehr schwach und in großen Teilen des Landes überhaupt nicht präsent.“
Kolumbien
ist das nach Brasilien bevölkerungsreichste Land Südamerikas. Zusätzlich zum Drogenhandel
ist die ungleiche Verteilung des Landbesitzes ein großes soziales Problem. Viele Großgrundbesitzer
finanzieren Paramilitärs, um ihr Land besetzt zu halten.
„Die Landverteilung
ist zu ungunsten der Armen ausgelegt. Kenner des Landes sagen, auch Politiker und
Bischöfe, dass ohne eine umfassende Landreform - wenn die zu unrecht sich angeeigneten
Ländereien nicht wieder zurück an die Landbevölkerung gegeben werden, also die Bauern,
Campesinos (Anm.d.Red.: span. für Landarbeiter), indigene Gruppen, die Afroamerikaner
– dann wird ein sozialer Friede kaum möglich sein.“
Noch immer lebt fast
jeder zweite Kolumbianer in Armut, auch wenn diese Zahl laut Angaben der Weltbank
in den letzten Jahren abgenommen hat. Mehr als ein Viertel lebt jedoch unter dem staatlich
bestimmten Mindeststandard. Die Kirche hilft auf sozialer als auch auf politischer
Ebene, so Hellinge:
„Durch Vermittlung der Kirche haben Abrüstungsbemühungen
stattgefunden. Vor fünf, sechs Jahren wurden viele paramilitärische Gruppen aufgelöst.
Zum anderen ist die Kirche natürlich bemüht, die soziale Not zu lösen. Beispielsweise
die Not der rund vier Millionen Binnenflüchtlinge oder internen Flüchtlinge – man
spricht in dem Land von Deplatzierten, desplazados – die vom Land an den Rand der
Städte geflüchtet sind und sich dort unter wirklich notdürftigsten Umständen Behausungen
gezimmert haben und dort dahinvegetieren oder leben und irgendwie versuchen, ihr Überleben
zu sichern.“ (rv 18.04.2011 ak)