Wirklichkeit und Leben
ist Kunst. Unter diesem Motto stellen derzeit ein dutzend Künstler aus Bayern in der
römischen Basilika Santa Maria degli Angeli e dei Martiri an der Piazza della Repubblica
aus. Das ganze findet zu Ehren des sechsten Jahres des Pontifikats von Papst Benedikt
XVI. statt. Am vergangenen Dienstag ist die Ausstellung vom Präsidenten des Päpstlichen
Kulturrates, Kardinal Gianfranco Ravasi, und dem Regensburger Bischof Gerhard Ludwig
Müller eröffnet worden. Für Radio Vatikan hat Alex Kofler die Ausstellung besucht:
Zwei
überlebensgroße, stromlinienförmige Engelsflügel grüßen am Eingang der Ausstellung.
Weitere Plastiken, Installationen, Malereien und Zeichnungen der bayrischen Künstler
stehen im mächtigen Querschiff, das von einem der größten Künstler und Baumeister
der Geschichte entworfen worden ist. Unter der Leitung Michelangelos ist die Basilika
im 16. Jahrhundert aus den antiken Thermen des Diokletian hervor gegangen. Alfred
Böschl, früher als Designer für Porsche tätig, hat die Flügel für die Ausstellung
geschaffen.
„Das klingt für manche befremdlich. Wenn sie einen Kotflügel
oder einen Spiegel anschauen, das ist Gestaltung. Letztendlich ist es der Flügel eines
Kotflügels, eines Spiegels oder einer Außenform. Da gibt es ganz viele Parallelen.
Es ist alles einfach feine Gestaltung.“
Design und Kunst haben für Böschl
dieselben hohen Ansprüche und fänden sich beide letztlich wieder. Die Säkularisierung
der Kunst, also die Trennung von der Kirche, habe sich außerdem sowieso nie vollständig
durchgesetzt.
„Ganz hat sich die Kirche nie losgesagt. Man darf nicht
vergessen, unsere ganze westliche Kultur baut auf dem Instrumentarium der Klöster
auf. Sie haben das Land urbar gemacht, Wein gezüchtet, sie haben Bier getrunken und
sie haben die Kunst gefördert. Sie haben ganz einfach alles kultiviert.“
Einen
Bezug zur abendländischen kirchlichen Kultur findet sich auch in den Arbeiten der
Malerin Anette Beisenherz. In den Bildern der jungen Mutter findet sich das Motiv
der Madonna wieder.
„Ich habe eine Idee von der Beziehung zwischen Mutter
und Kind oder Vater und Kind im Kopf. Ich versuche, dem eine Form zu geben. Das sind
jetzt drei Varianten. Das eine heißt „Safety on board“, und stammt letztendlich aus
diesen Flugzeugkarten, wobei man immer aufpassen muss, was passiert, wenn der Ernstfall
eintritt. Da wirft sich die Mutter über das Kind, also diese überbeschützende Mutter
– nicht unbedingt eine Madonna, es sind Mütter und Kinder dargestellt – aber es geht
um die Beziehung zwischen den beiden.“
Dass mit einer Madonna in der Kunst
nicht immer nur eine Frau gemeint sein muss, zeigt die Künstlerin im dritten Teil
ihres Triptychons:
„Der Schneekönig: Das ist aus dem Bekanntenkreis ein
Papa mit seinem Kind. Ich komme vom Prenzlauer Berg (bürgerlicher Stadtteil in Berlin
mit hoher Kinderrate, Anm.), und da die Erziehung der Väter inzwischen eine sehr große
Rolle spielt und die Mütter inzwischen auch berufstätig sein dürfen, sind mancher
meiner Madonnen männlich. Also einfach ein Mann, der sein Kind noch in den Armen hält,
aber es laufen lernen, eine Spur in den Schnee setzen lässt.“
Nichts Figürliches
wie eine Madonna, Quelle der Inspiration ist für den Münchner Künstler Manfred Mayerle
vielmehr die Linie. Dafür arbeitet er mit viel Farbe, die er in großen Flächen auf
Leinwände aufträgt.
„Für mich ist die Linie Thema. Und die Farbe Thema.
Das sehen Sie an den Arbeiten, wo letztlich schon durch das Zusammenfügen von zwei
Leinwänden eine Linie entsteht. Und diese Linie zu thematisieren, mit Farbe, das ist
das, was mich interessiert. Ich lege Schicht für Schicht Farben übereinander, und
an den Rändern ergeben sich Frequenzen, die eigentlich die Zeit manifestieren, die
man braucht, um so eine Arbeit entstehen zu lassen. Also das Thema Zeit spielt dabei
eine ganz große Rolle.“
Gerade in dieser Basilika gibt die Linie ein bestimmtes
Thema vor. Entlang der Ausstellung verläuft am Boden ein mehr als 45 Meter langer
Meridian, der um 1700 von Papst Clemens XI. in Auftrag gegeben wurde, um als Bezugspunkt
für den Gregorianischen Kalender zu dienen.
„Ich glaube, dass die Linie
immer Orientierung gibt. Ganz gleich, ob sie nun in den Boden eingelassen ist, ob
es nun eine Wegeführung ist, ob sie Zeit dokumentiert oder den Jahresrhythmus wie
hier oder ob sie eine Schichtung gibt, ob sie horizontal ist oder vertikal, das sind
ganz grundlegende Unterschiede. Und da ist die Linie selber die Linie, und nicht letztlich
etwas Beschreibendes.“
An diesem Mittwoch treffen die bayerischen Künstler
im Rahmen der Generalaudienz den Papst. Alfred Böschl sieht in der Beziehung zwischen
Kunst und Kirche ein riesengroßes Potential. Er freut sich schon auf das Treffen mit
seinem berühmten Landsmann aus Marktl am Inn, dem er einen Katalog der Ausstellung
übergeben wird:
„Wir als Bayern kennen ihn ja besonders gut, wir als Regensburger
im Besonderen. Er stand natürlich der Kunst immer nahe. Wie weit jetzt der Papst Benedikt
noch mehr für uns Künstler tun könnte, weiß ich nicht, der hat einfach keine Zeit
dafür. Aber dass da noch mehr passieren könnte, das kann ich mir schon vorstellen.
Die Kirche könnte davon mehr profitieren.“
Die Exponate der bayerischen
Künstler in der Basilika Santa Maria degli Angeli e dei Martiri an der Piazza della
Repubblica in der Nähe des Bahnhofs Termini kann noch bis zum 15. Mai 2011 besucht
werden. Geöffnet ist die Kirche an allen Tagen in der Zeit von 7 bis 18 Uhr. (rv
13.04.2011 ak)