Vatikan/EU/Nordafrika: „Aufnehmen, aber nicht ungeprüft"
Der Heilige Stuhl
mahnt zu einem humanitären Umgang mit Asylsuchenden aus Nordafrika, vertritt aber
auch die Ansicht, dass nicht alle aufgenommen werden müssen. So kann Italien bei Boat-People,
die an seinen Küsten anlegen, durchaus nach Herkunftsland und Fluchtgrund unterscheiden.
Das sagt der Präsident des Päpstlichen Flüchtlingsrates, Erzbischof Antonio Maria
Vegliò, im Gespräch mit Radio Vatikan.
„Man muss unterscheiden zwischen
jenen, die aus Libyen bzw. aus Tunesien kommen. Libyen ist eine Kriegszone. Wer von
dort kommt, kann auf keinen Fall abgewiesen werden, wie auch zuletzt das UNO-Flüchtlingshochkommissariat
bestätigte. Aus Tunesien hingegen kommen gemischte Gruppen aus Migranten und Flüchtlingen.
Das heißt, jeder von ihnen muss auf Identität und Fluchtgrund hin überprüft werden,
um so das Recht auf Schutz zu ergründen, wie das Italien gerade macht.“
Die
italienische Caritas teilt mit, dass sie in ihren Einrichtungen landesweit 3.000 Plätze
für Migranten zur Verfügung stellen könne. Nationaldirektor Vittorio Nozza forderte
zugleich eine „zeitlich begrenzten Aufenthaltsgenehmigung“ für Migranten aus Nordafrika.
Erzbischof Vegliò stellt sich hinter diesen Vorschlag, gibt aber auch zu bedenken,
dass die Menschen sich dann frei im Schengen-Raum bewegen könnten und das "bequem
für Italien" sei. Die europäische Staatengemeinschaft ruft er dazu auf, generell ihre
Haltung gegenüber der Flüchtlingswelle zu überprüfen.
„Europa muss ernsthaft
darüber nachdenken, was es heißt, in der Region zu bleiben, aus der diese Flüchtlinge
kommen. Allgemein sagt man, sie müssten sich in die Nachbarländer begeben. Im Fall
von Libyen wäre das – Europa. Europa muss zu seiner Verantwortung stehen, seine Schutzpflicht
gegenüber diesen Flüchtlingen wahrnehmen und zeigen, was Solidarität und Teilen heißt.“
Andere,
erheblich ärmere Länder nähmen bedeutend mehr Vertriebene auf, erinnert Vegliò. Südafrika
habe im letzten Jahr 200.000 Flüchtlinge versorgt, Kenia 340.000. Entsetzt zeigt sich
der Vatikan-Erzbischof von der jüngsten Tragödie auf dem Mittelmeer: 200 ertrunkenen
Libyern vor Lampedusa, darunter Frauen und Kinder.
„Die hohe See hat ihre
Träume verschluckt, so wie jene aller anderen, die diesen Kreuzweg der Verzweiflung
gehen. Leider ist die Entscheidung für solche Überfahrten, die in der Hand von Schmugglern
und skrupellosen Menschenhändlern sind, eine ausweglose Wahl. Denn andere Wege zu
gehen, ist unmöglich: Die Länder Europas haben restriktive Normen über die Einwanderung
in Kraft gesetzt und so ihre Grenzen dicht gemacht.“ (rv 07.04.2011 gs)