Die Kirche in Europa
ist in der Krise. Zumindest darüber waren sich die Teilnehmer einer Diskussion des
Katholischen Akademikerverbandes am vergangenen Donnerstag in Wien einig. Unter dem
Motto „Kirche brennt“ haben Professoren der Katholisch-Theologischen Fakultät der
Universität Wien darüber diskutiert, ob das so genannte „Theologen-Memorandum“ der
richtige Weg sei, um angemessen auf die Krise zu reagieren. Der Religionsphilosoph
Rudolf Langthaler ist einer von jenen, die hinter dem Papier stehen. „Ich habe
das Memorandum unterschrieben, weil es zum einen Problemfelder thematisiert, die unerledigt
sind – und die Ungeduld diesbezüglich wächst, weil andere Problemfelder dazu gekommen
sind. Die Stellung der Kirche zur modernen Welt oder die Frage, ob durch die Aufklärung
die Substanz des Glaubens beeinträchtigt wurde. Weil eine Thematik, die man im öffentlichen
Raum in den letzten Jahren gezielt angegangen ist, nämlich die der Homosexualität,
im Bereich der katholischen Kirche nach wie vor tabuisiert wird oder jedenfalls mit
Argumenten diskutiert wird, die nicht unbedingt auf der Höhe der Zeit sind.“ Nicht
alle sind mit Form und Inhalt einverstanden. Das Memorandum sei eine aggressive Form
der Meinungskundgebung sowie eine verkürzte Darstellung komplexer Themen, sagt der
Kirchenhistoriker Thomas Prügl: „Ich hab das Memorandum nicht unterschrieben,
weil die Schwerpunkte, die darin genannt werden, für mich zu unzusammenhängend sind,
um wirklich ein Reformprogramm auszudrücken. Ich denke auch nicht, dass die darin
genannten Punkte, vor allem die sechs genannten Punkte, im Zentrum der gegenwärtigen
Krise stehen und im Zentrum dessen, was Kirche sein soll und wie sie sich in den Parametern
der Moderne wieder finden soll.“ Das Anfang Februar veröffentlichte Memorandum
fordert unter anderem kircheninterne Strukturreformen sowie die Priesterweihe für
„viri probati“ und Frauen. Konservativere Kirchenkreisen bezeichneten es deshalb als
„antirömisch“ und initiierten eine „romtreue“ Gegenerklärung, die „Petition Pro Ecclesia“,
die rund 14.000 Unterschriften erhielt. Das Theologen-Memorandum haben bisher mehr
als 300 Professoren unterzeichnet. (rv 04.04.2011 ak)