Aviad Kleinberg:
Die Sieben Todsünden. Eine vorläufige Liste. Eine Besprechung von Pater Bernd Hagenkord
„Wenn
du recht tust, darfst du aufblicken, wenn du nicht recht tust, lauert die Sünde an
der Tür“, so wird Kain von Gott gewarnt. Der Satz steht ziemlich zu Beginn der Bibel,
im Buch Genesis, und mit diesem Gedanken beginnt das Buch. Aviad Kleinberg, ein
israelischer Schriftsteller und Intellektueller, macht sich auf den Weg, um die die
Motivationen, die unser Tun und Handeln antreiben zu suchen, und dazu nimmt er sich
eine der ganz großen Motivationen vor: die Sünde. Oder genauer: die Todsünden. Was
Sünde ist, wird in der Kultur immer neu verhandelt. Oder besser: wie diese Sünde aussieht,
das ändert sich durch die Jahrhunderte. Mit Augenzwinkern geht Kleinberg dem nach,
die Kirchenväter und die jüdische Tradition, aber auch Literatur dienen als Hilfestellung.
Ein Beispiel gefällig: Superbia, der Hochmut, die Quelle aller Laster. Faust wird
zitiert und die Vertreibung aus dem Paradies, aber es bleibt nicht in der Kulturgeschichte
stehen. Kleinberg spricht immer auch über sich selbst, über die Anfechtungen eines
Individuums. Es tut dies lächelnd, er tut dies undogmatisch, er tut dies vielleicht
auch untheologisch, aber er tut dies, weil er damit uns – die Leser – dazu bewegt,
über das Locken des Hochmutes in uns nachzudenken. Der komme nämlich immer klein und
gar nicht eindeutig daher. Und wer über sich lachen kann – so scheint die These des
Buches zu sein – der kann auch besser seinen Sünden auf die Spur kommen. Kleinberg
belässt es aber nicht bei den sieben klassischen Todsünden, er fügt eine achte hinzu,
und wenn ich das persönlich kommentieren darf: diese Hinzufügung war überfällig. Es
nennt die Selbstgerechtigkeit. Der Heuchler, der nicht weiß, dass er heuchelt. Wer
wissen will, wo wir der Sünde auf den Leim gehen, und wer sehen möchte, in welchen
Gewändern die Sünde heute daher kommt, für den ist das genau das richtige Buch.