2011-03-31 12:38:39

Vatikan zu Libyen: „Militäreinsatz hat Legitimität, aber auch eine Grenze“


RealAudioMP3 Kämpfe in Libyen, Bomben von oben – und ein Papst-Vertreter, der sagt: „Die Militäroperationen haben eine Legitimität, aber damit auch eine Grenze.“ Erzbischof Antonio Mennini ist der Nuntius des Papstes in Großbritannien; er saß mit am Tisch, als letzten Dienstag Vertreter von vierzig Staaten und internationalen Organismen in London über Libyen berieten, unter ihnen die Arabische Liga.

„Die Militäroperationen haben eine Legitimität – und damit auch eine Grenze: Sie sind zur Verteidigung und zum Schutz der bürgerlichen Rechte sowie der Unversehrtheit der libyschen Bevölkerung da. Sobald diese Voraussetzung erfüllt wird bzw. wegfällt, könnte die Militäroperation auch morgen schon enden. Wichtig scheint mir die Einrichtung einer Kontaktgruppe, die auch eine politischere Dimension hat und dazu führen kann, dass zumindest in Kürze eine Road Map für ein neues Libyen skizziert wird. Wichtig ist auch die Tatsache, dass die humanitäre Hilfe sich nicht nur auf ad-hoc-Hilfe beschränken soll, sondern wirklich als Hilfe für Libyen beim Wiederaufbau seiner Infrastruktur gedacht ist: der Brücken, der Häuser, der Krankenhäuser und Medienzentren.“

Erzbischof Mennini unterstreicht auch, dass diese humanitäre Hilfe direkt von einem Sondergesandten des UNO-Generalsekretärs koordiniert werden soll. Und vor allem: dass in die in London begründete Kontaktgruppe auch arabische Länder einbezogen werden, nämlich Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. In Katar soll auch das nächste Treffen des neuen Gremiums stattfinden.

„Katar hat betont, dass es eine Scharnierrolle zu vielen anderen arabischen Ländern spielen will. Auch wenn viele dieser Länder nicht in London mit dabei waren, war doch die Unterstützung der UNO-Resolution zu Libyen kürzlich auf dem Gipfel der Arabischen Liga massiv. Das scheint mir wichtig. Nicht weniger wichtig ist zweitens, dass diese Kontaktgruppe die EU, die Afrikanische Union, die Organisation der Golfstaaten und andere internationale Organismen aktiv zur Teilnahme einlädt. Der Haupt-Ansprechpartner der Kontaktgruppe ist der Nationale Übergangsrat der libyschen Aufständischen, aber es darf keine Komponente der libyschen Gesellschaft ausgeschlossen werden: keine ethnische oder Stammesgruppe und erst recht keine religiöse Gruppe, mag sie auch noch so klein sein!“

Da wird der Papst-Diplomat an die kleine katholische Kirche in Libyen gedacht haben, die vor allem aus ausländischen Gastarbeitern besteht. Ihr Hirte ist Bischofsvikar Giovanni Innocenzo Martinelli in Tripolis. Der gebürtige Italiener hat vor allem dieses Anliegen:

„Ich wünsche mir, dass nicht nur Europa, sondern auch die Afrikanische Union an dieser politischen Allianz teilnehmen kann, denn die AU hat eine wichtige Rolle hier in Libyen. Zu versuchen, ohne sie auszukommen, würde heißen, die Rolle Libyens in der afrikanischen Geschichte und Gegenwart zu unterschätzen. Die AU hat schon deutlich gemacht, dass sie mitentscheiden will.“

Allerdings: Nach London war die Afrikanische Union eingeladen worden, sagte aber wegen angeblicher „interner Meinungsverschiedenheiten“ ab. Anders als sein Bischofskollege Mennini scheint Martinelli in Tripolis den alliierten Bombern keine Legitimität zuzugestehen: „Meiner Meinung dienen die Bomben der Alliierten nicht dem Schutz der Zivilbevölkerung“, sagt er. Die „angeblich präzisen“ Bombenangriffe auf militärische Ziele träfen „immer auch die umliegenden zivilen Gebäude“.

„Man merkt bei den Leuten ein allgemeines Unbehagen und Traurigkeit – weil sie so etwas noch nie erlebt haben. Sie sehen keinen Ausweg aus der derzeitigen Lage. Allen ist klar, dass es nicht die Bomben sind, die den Frieden bringen werden.“

Allein in Tripolis habe es in den letzten Tagen nach seinen Informationen mindestens vierzig zivile Todesopfer durch die alliierten Bomber gegeben, so Bischof Martinelli. Im Stadtviertel Buslim sei wegen der Bombardements ein Wohnhaus eingestürzt.

(rv 31.03.2011 sk)








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