Für die einen muss
Muamar al-Gaddafi einfach weg, für die anderen ist es unerhört, sich in interne Angelegenheiten
einzumischen. Länder wie China, aber auch Deutschland, sprechen sich eher gegen eine
Militärintervention aus. Die USA, Frankreich und Großbritannien wollen hingegen letztlich
den Sturz Gaddafis. Eine internationale Konferenz mit mehr als 40 Staaten will an
diesem Dienstag das weitere Vorgehen in Libyen beraten.
Auch der Vatikan wird
bei dieser Konferenz in London mitreden - oder zumindest zuhören. Erzbischof Antonio
Mennini ist Vatikan-Botschafter in Großbritannien. Er vertritt den Heiligen Stuhl
bei der Libyen-Konferenz. Gegenüber Radio Vatikan sagt er:
„Das Ziel aller
Länder, die sich an der Konferenz beteiligen, ist und muss es sein, was der Papst
am Sonntag beim Angelus gesagt hat: so rasch wie möglich zu einem Friedensabkommen
gelangen und das normale, zivile Leben wieder herstellen. Frieden in Libyen bedeutet
Gleichheit für alle - ohne zu unterscheiden, welcher Ideologie, Religion oder Volksgruppe
jemand angehört.“
Dazu erwarte er sich eine Roadmap zu einem konkreten,
effektiven Frieden. Die katholische Kirche sehe sich als eine Art „unabhängige Vermittlerin“,
so Erzbischof Mennini.
„Die Worte des Heiligen Vaters sowie die Schritte
des Heiligen Stuhls zeigen, wie wichtig es ihnen erscheint, die Menschheit als eine
ganze Familie zu betrachten. Eine Familie, die für uns Katholiken das Ziel hat, eine
Einheit zu sein. Wir nennen diese Einheit Kirche.“
Für den Apostolischen
Vikar in Tripolis, Bischof Giovanni Innocenzo Martinelli, gibt es ebenfalls ein klares
Ziel in London: erstens Waffenruhe, zweitens Verhandlungen.
„Ich hoffe,
dass nicht nur Europa und die USA, sondern auch die Afrikanische Union eine wichtige
Rolle bei den Entscheidungen in London haben wird. Die Afrikanische Union wurde in
letzter Zeit nicht so oft bei diplomatischen Beschlüssen mit einbezogen. Mir scheint
sie aber eine wichtige Rolle zu spielen, weil sie gerade in Libyen sehr ernst genommen
wird. Deshalb wäre ein Ausschluss der Afrikanischen Union in London ein schlimmer
Fehler.“
Was Bischof Martinelli nicht sagt, aber natürlich auch weiß: Die
Afrikanische Union ist in ihrer Haltung zu Gaddafi durchaus gespalten. Der libysche
Führer war nämlich kürzlich ihr Präsident, und er hat oft von der Einheit Afrikas
gesprochen.
Auch der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal
Angelo Bagnasco, fordert eine breite diplomatische Lösung für den Konflikt in Libyen.
Das militärische Eingreifen der internationalen Staatengemeinschaft habe „Fragen und
Spannungen“ hervorgerufen, sagte Bagnasco am Montagabend vor dem Ständigen Rat der
Bischofskonferenz in Rom.
„Wir glauben, dass eine diplomatische Lösung der
richtige und auch mögliche Weg ist. Die italienischen Bischöfe schließen sich dem
Appell des Papstes zu einem baldigen Friedensschluss und zum Schutz der Bevölkerung
an.“
In einer ersten Reaktion auf die Militäraktionen gegen Libyen hatte
Bagnasco noch Zustimmung erkennen lassen. Das Evangelium weise jedem die Pflicht zu,
für jene einzutreten, die in Schwierigkeiten seien. Die italienische Presse hatte
den Erzbischof von Genua mit den Worten zitiert „Wenn jemand meine Mutter angreift,
die im Rollstuhl sitzt, habe ich die Pflicht einzugreifen.“ Dies war allgemein als
Zustimmung zu einem militärischen Eingreifen aus humanitären Gründen gedeutet worden.