Der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, warnt vor einem übereilten
Ausstieg aus der Atomkraft. „Zunächst einmal gilt: Wir brauchen eine stabile und zuverlässige
Energieversorgung“, sagte der Freiburger Erzbischof am Samstag. Der Verzicht auf die
Atomenergie setze Alternativen voraus, sagte Zollitsch in einem Interview mit dem
„Hamburger Abendblatt“ und erinnerte an die Nachteile der bisher diskutierten Alternativen
zur Atomenergie: „Stromimporte bedeuten im Zweifelsfall Atomstrom aus Frankreich,
neue Kohlekraftwerke verstärken den Klimawandel, Wind- und Solarenergie brauchen neue
Netze, die Geothermie ist noch nicht ausgereift und Bioenergie steht in anderen Zielkonflikten.“
Zugleich betonte Zollitsch, dass die katholische Kirche Bedenken habe, die Kernenergie
als langfristig tragfähige Lösung zu betrachten - „vor allem auch wegen der ungelösten
Endlagerproblematik“. Die Entscheidung über den zeitlichen Horizont des Ausstiegs
aus der Atomkraft sei jedoch eine politische.
Der Erzbischof warnte davor,
die von der Bundesregierung ins Leben gerufene Ethikkommission politisch zu missbrauchen.
Es könne nicht Aufgabe dieser Ethikkommission sein, möglicherweise schon feststehenden
politischen Entscheidungen über den weiteren Umgang mit Kernenergie „einen ethisch
legitimen Anstrich“ zu geben, appellierte Zollitsch an die Bundesregierung. Natürlich
werde es in der Kommission auch um eine risikoethische Beratung der Kernenergie gehen,
sagte der Theologe weiter. Er hoffe aber, dass es der Kommission darüber hinaus gelinge,
die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Dimensionen der Energieproblematik
insgesamt deutlich zu machen.