Die Flüchtlingswelle
aus Nordafrika Richtung Europa reißt nicht ab. In der Nacht auf diesen Donnerstag
sind erneut rund 800 Flüchtlinge auf der italienischen Insel Lampedusa gestrandet,
ein Drittel davon ist minderjährig. Auf der kleinen Insel südlich von Sizilien gibt
es mittlerweile mit mehr als 5.000 Menschen mehr Flüchtlinge als Einwohner. Die Caritas
hat ihr Team vor Ort bereits verdoppelt. Rund 20 Helfer kümmern sich um jene, die
tagelang in überfüllten Holzbooten auf hoher See überlebt haben. Im Gespräch mit Radio
Vatikan schildert der Sprecher der örtlichen Caritas, Tommaso della Longa, den Zustand
der Flüchtlinge:
„Zum Glück ist der allgemeine Gesundheitszustand bis jetzt
gut. Der Großteil der Flüchtlinge sind junge Tunesier, die bei guter Gesundheit und
relativ stark sind. Es ist aber absolut inakzeptabel, dass diese Menschen die Nacht
ohne Dach über dem Kopf verbringen müssen, ohne Wasser und sanitäre Einrichtungen,
ohne sich waschen zu können. Zum Glück gibt es momentan keine besorgniserregenden
Krankheitsfälle, das ist eine unserer großen Sorgen.“
Viele der Flüchtlinge
haben während der Überfahrt tagelang nichts zu Essen und nur wenig Wasser bekommen.
Weil es in den Lagern keinen Platz mehr gibt, müssen viele Flüchtlinge die Nächte
im Freien verbringen, in denen es zu dieser Jahreszeit bitter kalt werden kann.
„Wir
als italienisches Rotes Kreuz haben unsere medizinische Versorgungsstelle schon seit
Tagen direkt beim Hafen aufgebaut. Wir sind die einzige Anlaufstelle für die Flüchtlinge,
die rund um die Uhr offen ist. Unsere Ärzte versorgen neben den akuten Notfällen viele
dieser jungen Flüchtlinge, die an Halsschmerzen, Fieber und an weiteren Folgen der
Kälte leiden.“
Der Erzbischof von Agrigent in Sizilien, Francesco Montenegro,
hat die Flüchtlinge auf der Insel am vergangenen Mittwoch besucht. Auch er zeigt sich
von den Zuständen äußerst besorgt.
„Die Hoffnung ist, dass der Druck auf
die Insel sobald als möglich nachlässt. Man kann nicht mit Menschen zusammenleben,
die die Nächte im Freien in einer Ecke des Hafens verbringen müssen, ich sage dazu:
in einer Hundehütte. Die Unterkünfte, in denen sie schlafen, bestehen aus Plastikplanen,
Karton und Sperrholz. Das erzeugt keine Gelassenheit in den Herzen.“
Unterdessen
werden immer mehr Vorwürfe gegen die italienische Regierung laut. Sie habe auf die
Flüchtlingswelle zu spät reagiert und die Auffanglager zu spät geöffnet. Am heutigen
Donnerstag haben Flugzeuge die ersten 300 Menschen aus den überfüllten Lagern in Lampedusa
nach Apulien und Kalabrien gebracht. 500 weitere Flüchtlinge sollen in Kürze per Schiff
nach Catania gebracht werden.