Kardinal Koch: Moskau, „noch viele offene theologische Fragen“
Katholiken und Orthodoxe
sind Verbündete und keine Konkurrenten. Das sagt uns der vatikanische Ökumene-Verantwortliche,
Kardinal Kurt Koch, nach seinem jüngsten Besuch in Moskau. Vergangene Woche traf der
Schweizer Kurienkardinal den Moskauer Patriarchen Kyrill I. in Russland, um sich über
den Stand der Ökumene auszutauschen. Mario Galgano mit Einzelheiten.
Der ökumenische
Dialog besteht vor allem in den persönlichen Beziehungen zwischen den Gläubigen. Das
betont Kardinal Kurt Koch. Deshalb sehe er seine Aufgabe als Ökumene-Verantwortlicher
des Papstes darin, wichtige Vertreter anderer christlicher Kirchen und Gemeinschaften
zu treffen und mit ihnen über die Zukunft des Christentums zu sprechen. Das galt auch
in Moskau.
„Es war eine sehr herzliche Begegnung. Ich habe Kyrill erstmals
als Patriarchen getroffen. Kurzum, es war mein Antrittsbesuch in Moskau. Denn es war
mein Anliegen, möglichst bald nachdem ich im November in Konstantinopel beim Ökumenischen
Patriarchen war, auch den russisch-orthodoxen Patriarchen zu besuchen. Wir haben sehr
offen miteinander gesprochen. Es war sein Anliegen, meine Meinung zum Stand der Ökumene
zu erfahren.“
Katholiken und Orthodoxe haben sehr viel gemeinsam, sagt
Kardinal Koch. Er ortet aber auch offene Arbeitsfelder:
„Was die konkrete
Ökumene mit der russisch-orthodoxen Kirche betrifft, so ist mir deutlich geworden,
dass wir noch einige Arbeit vor uns haben. Das betrifft vor allem den theologischen
Dialog.“
Mehrmals traf Kardinal Koch den russisch-orthodoxen Metropoliten
Hilarion Alfejew. Er ist Außenamtsleiter und somit der „Zweite Mann“ des Moskauer
Patriarchats nach Kyrill. Hilarion hat eine sogenannte „Strategische Allianz“ zum
Schutz grundlegender Werte des Christentums in Europa ins Leben gerufen und sucht
dabei den Schulterschluss mit dem Papst. Kardinal Koch hält die „Strategische Allianz“
für ein taugliches Vorhaben und sagt, er habe mit Hilarion vor allem zwei Aspekte
vertieft: den Namen und das genaue Ziel des Bündnisses.
„Für mich kann
das, was Metropolit Hilarion vorhat, nur legitim sein, wenn es ein Schritt auf die
volle kirchliche Gemeinschaft ist und nicht eine Alternative darstellt.“
Auch
an der Bezeichnung „Strategische Allianz“ kann man noch feilen, meint Kardinal Koch.
„Ein Projekt braucht einen guten Namen. Und wenn man von ‘strategischer
Allianz’ spricht, dann klingt das eher militärisch. Daher müsste man meiner
Meinung nach dieses Projekt anders benennen.“
Hilarion habe ihm da letztlich
zugestimmt, sagt Koch. Man wolle nicht gegen, sondern für etwas eintreten.
„Es
geht nicht darum, gegen verschiedene Tendenzen in der Gesellschaft zu kämpfen, sondern
die grundlegenden Werte des christlichen Glaubens in der heutigen Welt zu bezeugen.
Das ist ja genau der Weg, den Papst Benedikt XVI. eingeschlagen hat. Er sagt immer
wieder, dass unsere Kirche oft als Verbotsinstitution wahrgenommen werde. Das stimmt
aber gar nicht. Wir haben etwas Positives zu verkünden. Erst vor dem Hintergrund dieses
Positiven können dann möglicherweise gewisse Verbote ausgesprochen werden.“
Eine
Schlüsselrolle in der Beziehung zwischen der römisch-katholischen und der russisch-orthodoxen
Kirche spielt die mit Rom unierte griechisch-katholische Kirche in der Ukraine: Moskau
sieht sie als Hürde in der Beziehung zu Rom. Diese Woche wählt die griechisch-katholische
Kirche in Kiew ein neues Oberhaupt. Vorher möchte sich Kardinal Koch zu dieser delikaten
Frage nicht äußern, zumal er auch einen Besuch in der Ukraine ins Auge fasst. Ein
Termin für diese Visite ist aber noch nicht bekannt.