2011-03-23 12:37:06

Italien: Dramatische Lage auf Lampedusa


RealAudioMP3 Der Bürgermeister der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa hat einen dramatischen Hilfsappell an die EU gerichtet. „Wir stehen vor dem Kollaps und können nicht mehr die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Hygiene garantieren“, sagte Bernardino De Rubeis am Dienstag im italienischen Fernsehen. Europa warf er vor, „abwesend und untergetaucht“ zu sein.

Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR rief derweil die italienische Regierung zu unverzüglichen Maßnahmen gegen die Überfüllung der Insel auf. In einer Mitteilung am Dienstag äußerte sich die Organisation besorgt über wachsende Spannungen unter Ortsansässigen und Ankommenden. Die Inselbewohner reagierten mit „verständlicher Nervosität“ auf die Situation. Unser Korrespondent vor Ort, Massimiliano Menichetti, hat Töne von Flüchtlingen und Bewohnern gesammelt.

„Wie alt bist du?“

„Ich bin 16.“

„Und du?“

„Auch 16. Mein Name ist Kinani“

„Wohin geht ihr? Ist euer Ziel Italien oder möchtet ihr woanders gehen?“

„Irgendwo anders.“-

„Wo?“

„Frankreich. Lampedusa ist wie Tunesien. Palermo und allgemein Sizilien sind besser…”

Aber auch die Inselbewohner sind unzufrieden, wie ein Hotelbesitzer uns sagt.

„Man bedenke, dass wir etwa 5.000 Inselbewohner sind und so viele Ausländer gibt es. Wir Bewohner von Lampedusa haben aber immer unsere Solidarität mit den Flüchtlingen bekundet. Die meisten, die hierher kommen sind ja Jugendliche zwischen 16 und 22 Jahre. Es sind alle so jung, deshalb muss die Regierung in Rom unbedingt etwas für sie unternehmen.“

Derweil haben sich die Regionen Italiens bereiterklärt, bis zu 50.000 Migranten aufzunehmen. Dabei handele es sich um „eine sehr realistische Zahl“, sagte Innenminister Roberto Maroni nach einem Treffen mit den Regionalpräsidenten am Dienstag in Rom. Tourismusministerin Michela Vittoria Brambilla stellte Lampedusa Hilfen in Aussicht, damit die kommende Urlaubssaison für die Insel „eine der besten“ werde.

Hintergrund
Inzwischen befinden sich auf Lampedusa mehr Flüchtlinge als Einwohner. Nach der Ankunft weiterer Boote am Morgen befanden sich am Dienstag laut Zeitung „La Repubblica“ (Onlineausgabe) rund 5.500 Immigranten aus Nordafrika auf der Insel mit 5.000 Einwohnern. Nach UNHCR-Angaben sind seit Mitte Januar mehr als 15.000 Menschen aus Tunesien auf die italienische Insel gelangt. Zwei Drittel von ihnen wurden unterdessen an andere Orte in Italien gebracht. Die große Mehrheit der Zuwanderer habe aus wirtschaftlicher Not den Weg nach Europa gesucht; nur wenige hätten Absichten gezeigt, um internationalen Schutz nachzusuchen.

(rv/domradio 23.03.2011 mg)







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