Für eine differenzierte
Sicht auf den Islam plädieren Kirchenvertreter aus Ägypten. Der in Kairo ansässige
deutsche Pfarrer Joachim Schroedel wandte sich am Sonntag in Würzburg dagegen, das
„Schreckgespenst des Terrorismus“ an die Wand zu malen. Auch die Muslimbrüder in Ägypten
dürfe man sich nicht so vorstellen, „dass jeder einen Sprengstoffgürtel mit sich herumträgt“.
Der koptisch-katholische Bischof Antonios Aziz Mina von Gizeh bezeichnete die Revolution
in Ägypten als „etwas Wunderbares“. Alle seien gemeinsam auf die Straße gegangen und
hätten dabei die Welt, aber auch sich selbst überrascht. Nun sei es an den Christen,
den moderaten Muslimen zu helfen. Diese müssten ihre fanatischen Mitbrüder überzeugen,
wie man im Land friedlich zusammenleben könne. Gegenüber Radio Vatikan sagt er:
„Wenn
ein Volk eine Revolution macht, dann ist das sein Recht, solange keine Gewaltakte
im Spiel sind. Die Polizei ist wichtig, da sie eventuell Randalierer festnehmen kann
und muss. Doch eine freundliche und friedliche Revolution ist ein Naturrecht. Die
Bombardierung gegen das eigene Volk ist eine kriminelle Tat und deshalb ist es gut,
dass Europa nun in Libyen hilft, das Volk zu beschützen. Da geht es nicht nur um den
Sturz Gaddafis. Ich selber bin aber wie zahlreiche Europäer überrascht, was jetzt
im arabischen Raum geschieht.“
Schroedel bezeichnete die aktuelle Lage
in Ägypten als „sehr fragil“. Jenseits von Religion wolle die junge Generation gemeinsam
Freiheit, Demokratie und „ein bisschen Wohlstand“. Ein guter Durchschnittsverdienst
liege derzeit bei 100 Euro im Monat; davon könne man nicht leben. Deutschland und
Europa maß der Geistliche eine große Verantwortung für die weitere Entwicklung zu.
Schließlich hätten sie Ägypten als Billiglohnland ausgenutzt.