Italien hat das Kruzifix-Urteil
des Straßburger Gerichtes überwiegend positiv aufgenommen. Neben Vatikan und katholischer
Bischofskonferenz bewertet auch die sonst so zerstrittene Politik das Straßburger
Urteil nahezu „unisono“ als Erfolg. Die „Stimme des Volkes“ habe gesiegt, kommentiert
Außenminister Franco Frattini von der Regierungspartei „Volk der Freiheit“
die Entscheidung vom Freitag. Er hoffe, dass Europa die Religionsfreiheit mit demselben
Mut verteidigen werde, so der Minister. Enttäuscht zeigt er sich allerdings über das
„Desinteresse“ einiger Gründerländer der Europäischen Union: Länder mit eigentlich
katholischer Tradition wie Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Spanien und Portugal
hätten Italien bei dem Verfahren nicht unterstützt, so Frattini. Als Endpunkt einer
„übertrieben exzessiven Schlacht“ kennzeichnet das Urteil Enrico Farinone von
der italienischen oppositionellen „Demokratischen Partei“ (Pd). Das Kreuz sei Synthese
von „Toleranz, Respekt und universeller Liebe“, stimmt ihm Leoluca Orlando
von der weiteren Oppositionspartei „Italien der Werte“ (Idv) bei.
Kritik kommt
dagegen von Roms Oberrabbiner Riccardo Di Segni: In öffentlichen Gebäuden sollten
keine Symbole angebracht werden, die nur von einem Teil der Bürger geteilt würden,
selbst wenn es sich um eine Mehrheit handele. Ähnlich äußerten sich die evangelischen
Kirchen in Italien: Das Land habe „wieder einmal“ eine Ausnahme geschaffen, die „einem
säkularen Staat widerspreche“, kritisierten die Protestanten das Urteil.
Neben
Italien begrüßen auch die deutschen und europäischen Bischöfe die Entscheidung vom
Freitag. Das Pro-Kruzifix-Urteil sei ein „Sieg für Europa“ und zeuge von „gesundem
Menschenverstand, Weisheit und Freiheit“, kommentierte der Vorsitzende des Rates der
Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), Kardinal Peter Erdö. Wie der Vatikan
unterstreicht auch Erdö den „hohen symbolischen Wert“ des Urteils, der „weit über
die Grenzen Italiens hinaus“ gehe. „Ohne das Kruzifix würde es heute kein Europa geben,
so wie wir es heute kennen“, so der Erzbischof von Esztergom-Budapest wörtlich.
Das
Urteil des Straßburger Gerichtes zeuge von „Sensibilität für die Bedeutung des Kreuzes
als religiöses und als kulturelles Symbol“ sowie die unterschiedlichen Rechtstraditionen
von Unterzeichnern der Europäischen Menschenrechtskonvention, schreibt die Deutsche
Bischofskonferenz. Kreuze im Klassenzimmer wie auch allgemein religiöse Symbole
im öffentlichen Raum seien „unaufdringlicher Ausdruck“ des staatlichen Bekenntnisses
zur eigenen Identität, zu seinen Wurzeln und Werten.
„Ich gehe davon aus,
dass dieses klare und eindeutige Votum die Frage der Anbringung von Kruzifixen in
Klassenzimmern für die nächste Zeit klärt“, hofft der österreichische Außenminister
Michael Spindelegger, der das Kreuz-Urteil begrüßt.