Die Sorge um Austrittswillige, Ausgetretene und von der Kirche entfremdete Menschen
ist ein „wichtiger Schwerpunkt einer heutigen missionarischen Pastoral der Kirche“.
Das schreibt der Mainzer Kardinal Karl Lehmann in einem Hirtenbrief, der an diesem
Samstag veröffentlicht wurde. Diese Sorge sei „nicht nur eine Aufgabe der Geistlichen“,
so Lehmann: „Vielmehr gehören der Kontakt und die Begegnung mit den Menschen, die
die Kirche verlassen haben, zur Sendung jedes Christen.“ Das sei auch eine ökumenische
Aufgabe, so der frühere Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.
Lehmann
weist darauf hin, dass es im vergangenen Jahr „einen Höhepunkt von Austritten“ gegeben
habe, der im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden sexueller Missbrauchsfälle stehe.
Es sei im Bistum Mainz „jedes Jahr zahlenmäßig eine große Pfarrei, die wir verlieren“.
Die Kirche habe diese Entwicklung immer mit Sorge verfolgt. Lehmann wörtlich: „Ich
bedauere jeden einzelnen Austritt. Wenn es irgendwie geht und gewünscht wird, kommen
wir vor allem vor Ort mit Ausgetretenen und Austrittswilligen in ein Gespräch. Es
ist aber nicht leicht, sie zurückzugewinnen.“
Lehmann betont, „dass die katholische
Kirche theologisch und spirituell keinen ‚Kirchenaustritt’ kennt, wenn man darunter
den völligen Verlust der durch Glaube und Taufe grundgelegten Zugehörigkeit zu Jesus
Christus und der Kirche versteht. So gilt durchaus der alte Grundsatz: Semel catholicus,
semper catholicus, das heißt: einmal katholisch, immer katholisch.“ Gleichwohl räume
der Staat „einzelnen Kirchenmitgliedern - als Bürgern - die Möglichkeit ein, sich
jederzeit von einer Konfession oder Religionsgemeinschaft zu distanzieren und sich
durch einen ‚Austritt’ zum Beispiel auch der Kirchensteuerpflicht zu entledigen.“
Dabei könne der Staat jedoch nicht festlegen, welche Folgen ein Austritt für das innere
Verhältnis des Mitglieds zu seiner Kirche habe. Wörtlich schreibt er dazu: „Vor diesem
Hintergrund gehen Versuche fehl, Kirchenaustrittserklärungen vor staatlichen Stellen
so abzufassen, dass sie unterscheiden möchten zwischen der Kirche als Glaubensgemeinschaft,
in der man bleiben wolle, und der steuerberechtigten Körperschaft, die man verlassen
möchte. Höchste Gerichte, insbesondere das Bundesverfassungsgericht selbst, haben
solche ‚modifizierten Kirchenaustritte’ als unzulässig zurückgewiesen. Und das zu
Recht.“