In Bahrain droht nach
Einschätzung des zuständigen Bischofs im aktuellen Konflikt eine politische Instrumentalisierung
der Religion. „Es ist ein politischer Konflikt, von dem die religiöse Komponente nicht
zu trennen ist“, sagt der Schweizer Kapuziner und Bischof von Arabien, Paul Hinder,
der Katholischen Nachrichten-Agentur. Der sunnitischen Führungsschicht stehe eine
schiitische Bevölkerungsmehrheit gegenüber, die sich diskriminiert fühle. Angesichts
der starken Parteinahme von außen gebe es die Gefahr, dass „religiöse Spannungen noch
mehr politisch instrumentalisiert werden“, sagt Hinder unter Verweis auf angebliche
Attacken von Schiiten auf sunnitische Ausländer. Gegenüber unseren französischsprachigen
Kollegen von Radio Vatikan sagt Bischof Hinder:
„Die neue Lage betrifft
uns zumindest indirekt und vielleicht bald auch schon direkt. Bis jetzt sind die Kirchen
allerdings noch nicht betroffen – das ist ein internes Problem der jeweiligen Gesellschaften
in den einzelnen Ländern. Natürlich haben einige Gläubige jetzt aber größere Schwierigkeiten,
zur Messe in die Kirche zu kommen. Aber in einem Land wie etwa dem Jemen ist das eigentlich
nichts Neues. Werden die Umwälzungen die Lage für die Christen insgesamt schwieriger
machen? Das lässt sich heute noch nicht beantworten, das weiß im Moment noch niemand.
Insgesamt darf man sich aber doch freuen, dass Menschen anfangen, zu reagieren und
nach mehr Freiheit und Teilhabe verlangen: Das ist an sich positiv. Aber denken wir
auch an die Revolutionen in der europäischen Geschichte: Da hat es nicht unbedingt
gleich von Anfang an gute Ergebnisse gegeben. Das gilt auch für Frankreich, das Revolutionsland
schlechthin.“
Skeptisch äußert sich der Bischof zu einem möglichen Friedensappell
von christlicher Seite. Ein entsprechender Aufruf eines katholischen Bischofs „würde
hier ungehört verhallen“, so Hinder. Selbst der Papst müsse „sehr aufpassen, dass
das, was er sagt, nicht als Parteinahme ausgelegt würde“, betonte der Schweizer Ordensmann.
„Ich
hoffe doch, dass wir letztlich zu etwas offeneren Gesellschaften kommen, die auch
gegenüber anderen Religionen und Bekenntnissen toleranter sind. Und natürlich verdienen
die Völker mehr Mitsprache bei der Gestaltung ihres Geschicks. Was nun die Gastarbeiter
in den Golfstaaten betrifft – das ist ein eigenes Kapitel. Hier in den Vereinigten
Arabischen Emiraten sind mindestens drei Viertel der Bevölkerung Ausländer, während
sie im Jemen nur eine verschwindende Minderheit bilden. Aber auch wenn die Ausländer
hier in den Emiraten numerisch die Mehrheit bilden, ist die Gestaltung des Staates
doch das Vorrecht der Bürger, und bislang klappt das gut; hoffen wir, dass das auch
in Zukunft so bleibt. Was Bahrain oder Saudi-Arabien betrifft, sollte man jetzt die
weitere Entwicklung abwarten... Insgesamt bin ich hoffnungsvoll, aber natürlich wird
es nicht überall gewaltfrei bleiben – es wird hier und da auch zu Gewalt kommen. Dennoch
hoffe ich, dass diese Länder lernen, eine Wende ohne allzuviel Blutvergießen hinzukriegen
– im Zeichen von Gerechtigkeit, Frieden und Dialog.“
Hintergrund König
Hamad ibn Isa Al Chalifa hatte zu Wochenbeginn rund 1.000 saudische Soldaten ins Land
gerufen und den Ausnahmezustand verhängt, um der Proteste in der Bevölkerung Herr
zu werden. In der Hauptstadt Manama kam es wiederholt zu gewaltsamen Zusammenstössen
zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften; zwei Menschen wurden Presseberichten
zufolge getötet.