2011-03-08 17:21:24

PID-Debatte: Ethikrat gespalten


RealAudioMP3 Überraschung bei der heutigen Stellungnahme des deutschen Ethikrates zur umstrittenen Frage zur Anwendung der so genannten Prä-Implantations-Diagnostik. Dabei geht es um die heikle Frage, unter welchen Umständen ein künstlich im Labor erzeugter Embryo auf genetische Defekte und damit auf potentielle Krankheiten hin untersucht werden darf. Die Hälfte der Mitglieder hat in seiner Empfehlung für den deutschen Bundesrat für eine solche Untersuchung im Falle eines hohen medizinischen Risikos gestimmt. Der stellvertretende Vorsitzende des Ethikrates, der Moraltheologe Eberhard Schockenhoff, hat im Gespräch mit Radio Vatikan nicht mit einem derart großen Anteil der Befürworter gerechnet:

"Aus meiner Sicht ist das Ergebnis überraschend, weil sich die Befürworter und die Gegner der PID sich annähernd die Waage halten. Auch die Befürworter einer engen Zulassung, die genau geregelt ist, verfügen über keine Mehrheit im Ethikrat. Das ist doch ein bemerkenswertes Ergebnis."

Kritiker dieser genetischen Untersuchung sprechen davon, dass durch eine derartige Untersuchung eine Trennung zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben gezogen werden könnte. Eine Begrenzung auf bestimmte Krankheitsfälle könne gar nicht eingehalten werden. Wie stehen Sie zu dieser Kritik?

"Wenn es nur darum ginge, dass man Tot- und Fehlgeburten schon frühzeitig erkennt, dann wäre das eine andere Sache. Denn dann würde ein Embryo ja nicht ausgesondert, weil er nicht leben soll, sondern weil er nicht leben kann, weil er nicht lebensfähig ist. Bei allen anderen Indikationen - wenn es also um schwere genetische Schädigungen geht, die nicht unmittelbar die Lebensfähigkeit betreffen, da wäre es tatsächlich so, dass eine Aussonderung nach dem Kriterium von lebenswert oder lebensunwert vorgenommen wird. Die Entscheidung darüber steht eigentlich in unserer Rechtsordnung niemandem zu, auch nicht Ärzten und auch nicht Eltern."

Herr Schockenhoff, als stellvertretender Vorsitzender des deutschen Ethikrates, was erwarten Sie sich jetzt von der Politik?

"Die Stellungnahme ist sowohl in der Begründung der Befürworter einer engen Zulassung als auch derer, die ein Verbot fordern, sehr differenziert. Deshalb wird diese Stellungnahme auf die Diskussion in Deutschland, auf die öffentliche Debatte einen positiven Einfluss haben. Die Politik wird das genau studieren. Natürlich werden die Abgeordneten vor allem nach Argumenten suchen, die ihre eigene Position stützen. Dann wird man sehen, zu welchen Ergebnissen die parlamentarischen Beratungen führen. Aber das ist nach dieser Stellungnahme auch wieder ein Stück weit offener geworden als das vielleicht zunächst schon schien."

Hintergrund
In Deutschland gilt die Präimplantationsdiagnostik als strafbar, weil sie nicht im Embryonenschutzgesetz angeführt wird. Allerdings hat der Bundesgerichtshof eine Auswahl künstlich befruchteter Eizellen bei Paaren mit einer Veranlagung zu schweren Erbschäden erlaubt. Um diese rechtliche Unklarheit zu beseitigen, will sich der Bundestag kommende Woche mit dem Thema befassen. Dazu liegen bereits drei Gesetzesentwürfe vor, im Juni soll es dann eine Entscheidung geben.
(rv 08.03.2011 ak)







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