Während der Bürgerkrieg
in Libyen weitergeht, nähert sich der Strom der Flüchtlinge aus dem Land langsam Europa
– hauptsächlich von Tunesien aus. Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa
herrschen schon jetzt dramatische Zustände: Mehr als 1.000 Flüchtlinge sind seit Anfang
der Woche dort gelandet. Man müsse sich auf alles gefasst machen, sagte Laura Boldrini
vom Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Umso
mehr, als in den Anrainerstaaten eine allarmierende Lage besteht. 100.000 Personen
sind wegen der Krise in Nordafrika von Libyen nach Tunesien geflohen, hauptsächlich
Tunesier und Ägypter. Weitere 100.000 sind aus Libyen nach Ägypten geflohen, vor allem
Ägypter und Leute aus anderen Ländern. Angesichts dieser Situation wäre es nicht verwunderlich,
wenn ein Paar tausend Leute auch in Italien ankommen.“ Die Flüchtlinge aus
Libyen sind nach Angaben des Flüchtlingskommissariats meistens Gastarbeiter auf dem
Weg in ihre Heimat. Dass diese Menschen versuchten, in die EU zu fliehen, sei wahrscheinlich,
so die Sprecherin. Schließlich flöhen schon jetzt auch viele Tunesier aus dem eigenen
Land: „Die Leute, die derzeit auf Lampedusa ankommen, sind alles junge Tunesier.
Sie glauben nicht an eine Veränderung im eigenen Land und befürchten, dass es Einbußen
im Tourismusbereich gibt. Deshalb meinen sie, jetzt ist der richtige Moment, um das
Land auf der Suche nach besseren Arbeitsbedingungen zu verlassen. Sie wollen fast
alle nach Frankreich. Und dann gibt es auch noch Leute, die Angst vor Unsicherheit
und Unruhen in Tunesien haben und Asylanträge stellen.“
Die UN rechnet
mit einer Verdopplung der Zahl der Libyenflüchtlinge von derzeit insegsamt 200.000
auf 400.000. Am kommenden Freitag findet in Brüssel ein EU-Sondergipfel zu Libyen
statt. Um die Krise zu bewältigen, brauchten die Vereinten Nationen und ihre Partnerorganisationen
in den nächsten drei Monaten rund 160 Millionen US-Dollar, unter anderem für Lebensmittel,
Wasser, Zelte, Medikamente und Transportmittel. Das gab der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge,
António Guterres, an. Sorgen bereiten der Caritas und dem Flüchtlingskommissariat
auch Hunderttausende Menschen aus Schwarzafrika, die in Libyen festsetzen. Sie würden
häufig mit den Söldnern des Geddafi-Regimes verwechselt und fühlten sich deshalb bedroht.
In einer ähnlichen Situation befänden sich asiatische gastarbeiter aus Bengalen, Pakistan
und den Filippinen.