Für François Eid ist
es „ein Wunder“, was er in den letzten Wochen erlebt hat. Als maronitischer Bischof
von Kairo hat Eid die Umwälzungen vom Tahrir-Platz aus nächster Nähe miterlebt. Jetzt
hofft er im Interview mit uns, „dass sich nicht religiöse Parteien in den Änderungsprozess
einklinken, um diese Revolution der Jugend für ihre Zwecke auszunutzen“.
„Auf
jeden Fall ist der Wandel jetzt unwiderruflich! Den Jugendlichen, die ihn herbeigeführt
haben, geht es um einen Staat für alle Bürger, egal zu welcher Kultur, Religion oder
Volksgruppe sie gehören. Wir wissen, dass Länder wie Libyen oder der Jemen auf Stammesbasis
funktionieren; die jungen Ägypter hingegen fühlen sich als Einwohner eines nationalen
und globalen Dorfes, nicht als Angehörige von Stämmen.“
Damit ist schon
die heikle Lage in Libyen angesprochen. Der UNO-Menschenrechtsrat in Genf – zu anderen
Zeiten oft ein Vehikel islamischer Forderungen – hat am Freitag eindringlich die Gewalt
verurteilt, die das Regime von Muammar Gaddafi jetzt gegen das eigene Volk richtet.
Vatikan-Erzbischof Silvano Maria Tomasi war bei der Sitzung in Genf als Beobachter
dabei.
„Die Empfehlungen, die bei der Sitzung ausgesprochen wurden, scheinen
mir wichtig: Die UNO-Generalversammlung sollte die Mitgliedschaft Libyens im Menschenrechtsrat
aussetzen, weil die libyschen Behörden sich in ihrem Verhalten völlig gegen diese
Prinzipien gestellt haben. Zweitens sollte eine internationale Mission in Libyen die
Lage in Augenschein nehmen und sehen, wie man diese enorme Gewalt gegen die Zivilbevölkerung
stoppen kann.“
Der Heilige Stuhl fordere ein sofortiges Ende der Gewalt
und die Rückkehr zu einem Dialog, um zu sehen, ob sich nicht auch auf diesem Weg „eine
Lösung“ finden lässt.
„Diese Demonstrationen drücken den Willen des Volkes
aus, aktiv und demokratisch an der Gestaltung des Landes teilzuhaben. Der Heilige
Stuhl ist empört und bestürzt über die zahllosen Opfer dieser libyschen Krise. Er
versucht auch zu verstehen, was die internationale Gemeinschaft für die Bürger Libyens
effektiv tun könnte. Außerdem geht es ihm darum, einem Massen-Exodus vorzubeugen.
Ein solcher könnte unvermeidlich sein, wenn man für diese Krise keine einvernehmliche
Lösung findet.“
Die Päpstliche Nuntiatur in Libyen bekräftigt, alle im
Land tätigen Ordensleute wollten vor Ort „an der Seite der Leidenden bleiben“ und
nicht evakuiert werden. Die ausländischen Ordensfrauen, die in den apostolischen Vikariaten
von Tripolis und Bengasi arbeiten, stünden „weiterhin voll im Dienst an der Bevölkerung“.
Die meisten der 16 Frauenorden seien in Krankenhäusern tätig; auch die 15 Priester
und zwei Bischöfe in Libyen wollten jetzt nicht das Land verlassen, sondern „ihre
Mission fortsetzen“. Erzbischof Tommaso Caputo schätzt, dass in dem Krisenland rund
100.000 Katholiken leben.