2011-02-24 14:42:59

Sizilianischer Erzbischof: „Nordafrikas Flüchtlinge gehen ganz Europa an“


RealAudioMP3 Das angekündigte Drama der Flüchtlinge aus Nordafrika geht ganz Europa an, es darf nicht ein Problem einzig Italiens sein. Das sagt der Erzbischof von Agrigent, Francesco Montenegro, angesichts von Prognosen, die im Zug der Umwälzungen in Nordafrika bis zu 300.000 Asylsuchende in Booten an Süditaliens Küsten stranden sehen. Ein Szenario, das Italiens Bürger in Angst und Schrecken versetzt. Zum Sinnbild der angekündigten Flüchtlingstragödie wird die kleine Insel Lampedusa, die zu Agrigent auf Sizilien gehört. Francesco Montenegro ist Erzbischof von Agrigent. Er sagte uns:
„Ich betone, dass diese Flüchtlingstragödie ganz Europa etwas angeht. Es stimmt, es ist ein schwieriger Moment, in dem man vieles noch nicht klar erkennen kann. Genau diese Ungewissheit schafft Angst, denn die Immigranten wollen wissen, was sie zu tun haben, und wenn sie es nicht wissen, kann das in ihnen auch eine Reaktion auslösen.“
Vor wenigen Tagen haben die Bischöfe Siziliens eine Strategie vorgeschlagen, um einen solchen Ansturm an Menschen gerechter zu verteilen. Die italienische Regierung soll einen Integrationsfahrplan erarbeiten und ein Dekret über außerordentliche Flüchtlingsströme prüfen. Außerdem soll die internationale Zusammenarbeit in den nordafrikanischen Ländern gestärkt werden, fordern die sizilianischen Bischöfe. Erzbischof Montenegro ist sich darüber im Klaren, dass es hier um konkrete politische Entscheidungen geht, die die Kompetenzen der Kirche klar überschreiten.
„Italien leistet den Menschen, die bei uns stranden, Akuthilfe. Aber das wird auf Dauer nicht reichen. Dass eine Flüchtlingswelle kommt, war vorhersehbar. Man dachte hier anfangs, sie mit der Devise zu stoppen: Hier kommt keiner durch. Aber das geht nicht. Wir können diese Flüchtlingswelle nicht aufhalten.“
Italiens Außenminister Franco Frattini hatte am Mittwoch vor einem „Exodus biblischen Ausmaßes“ aus bzw. über Nordafrika gewarnt. Rom verlangte 100 Millionen Euro zur Bewältigung der Flüchtlingslast, stieß aber bei mehreren EU-Staaten auf Widerstand. Der deutsche Bundesinnenminister Thomas de Maiziere erinnerte daran, dass Deutschland im vergangenen Jahr 40.000 Asylbewerber aufgenommen habe, Italien aber nur 7.000. Nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration IOM halten sich in Libyen bis zu 1,5 Millionen illegaler Einwanderer aus Afrika und teils auch Asien auf, die nach Europa wollten.
(rv/kna 24.02.2011 gs)








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