Unbekannte haben in
einem Vorort der Hauptstadt Tunis einen polnischen Priester ermordet. Die Leiche des
Salesianer-Paters Marek Marius Rybinski, dessen Alter je nach Quelle mit 33 oder 34
Jahren angegeben wird, wurde am Freitag im Lagerraum seiner Ordensschule in Manouba
gefunden. Zuvor war der Pater am Donnerstagnachmittag verschleppt worden. Vor zwei
Wochen hatte der Orden einen Drohbrief mit einer Zahlungsforderung erhalten, der in
fehlerfreiem Französisch geschrieben und mit einem Hakenkreuz unterzeichnet worden
war. Die Salesianer hatten daraufhin Anzeige bei der Polizei erstattet, die jedoch
nichts unternahm.
„Es gibt bestimmt Verbindungen zwischen diesem Mord und
den Umstürzen der letzten Wochen“, sagt uns der Bischof von Tunis, Lahham Marun Elias.
„Die Polizei wird uns das dann wohl sagen. Es scheint, dass in Tunesien eine islamistische
Bewegung entstanden ist, die sich gegen die Nichtmuslime richtet. Diese Bewegung hat
vor einer Woche auch vor der Synagoge von Tunis demostriert und gefordert, die Juden
sollten gehen, weil jetzt die Armee Mohammeds komme. Die islamische Partei sagt, dass
sie mit dieser Bewegung nichts zu tun habe.“
Die lange verbotene Islamistenpartei
Tunesiens, „Ennahda“, verurteilt den Mord am Priester: Die Behörden sollten „erst
die Hintergründe der Tat aufklären, bevor sie irgendjemanden beschuldigen“, so Parteiführer
Rached Ghannouchi, der erst vor kurzem aus dem Londoner Exil nach Tunis zurückgekehrt
ist. Man müsse jetzt „wachsam sein, um alles abzuwehren, was zu Anarchie in unserem
Land führen könnte“. Das Innenministerium hatte in einer ersten Reaktion eine, so
wörtlich, „Gruppe extremistischer, faschistischer Terroristen“ hinter der Bluttat
vermutet. Der Mord war, wie eine Nachrichtenagentur formuliert, „der erste Angriff
auf Angehörige einer religiösen Minderheit“ seit dem Umsturz in Tunesien vom Januar.
Allerdings hatte es ja vor einer Woche bereits die Demo vor der Großen Synagoge von
Tunis gegeben.
„Es wäre übertrieben zu sagen, dass jetzt alle Christen hier
bedroht sind“, meint der Bischof. „Aber die Polizei hat die Überwachung und die Posten
vor unseren Kirchen verstärkt, falls Schutz nötig wird.“
Mindestens 2.000
Menschen haben am Samstag im Zentrum von Tunis friedlich gegen Extremismus und für
Toleranz demonstriert. Die Protestierenden hatten sich per Facebook verabredet. Auf
Transparenten stand u.a. „Ich bin Moslem, ich bin säkular, ich bin Tunesier“ oder
„Nein zu Extremismus“.
„Solche Gewalt gegen Christen hat es nie gegeben
in Tunesien. Marek Rybinski war seit drei Jahren in Tunesien – er hat gerade erst
auf polnisch ein Buch über seine Liebe zu diesem Land veröffentlicht. Er wurde geschlachtet
wie ein Lamm – natürlich ist er ein Märtyrer!“
Am Abend des 18. Februar
feierte Bischof Lahham einen Trauergottesdienst für den ermordeten Priester in der
Kathedrale von Tunis. Pfarrer Rybinski war 33 Jahre alt und Mitglied der Ordensprovinz
Warschau (Polen). Im Mai 2005 war er zum Priester geweiht worden. Seit 2007 lebte
er in der Gemeinschaft der Salesianer in Manouba, wo er als Ökonom tätig war. (rv/reuter/fides
20.02.2011 sk)