80 Jahre Radio Vatikan,
das ist uns auch ein Anlass, über Kirche und Kommunikation und über katholischen Journalismus
nachzudenken. Wenn wir aber über Kirche und Öffentlichkeit sprechen, dann können wir
das im Augenblick nur, wenn wir auch die Ereignisse des letzten Jahres im Blick behalten.
Elvira Steppacher leitet das IFP, die katholische Journalistenschule in München. Was
hat sie nach der Debatte um die Missbräuche für die Ausbildung von Journalisten gelernt?
„Ich
habe gelernt, dass die Tugenden, die immer schon im Journalismus galten, nach wie
vor Gültigkeit haben, und das sind allen voran die Wahrheitsliebe, Unbestechlichkeit,
Wachsamkeit und vor allem auch Hartnäckigkeit.“
Wir haben feststellen müssen,
dass auch beim Journalismus nicht alles Gold ist, was da glänzt. Gerade das Jahr der
Missbrauchsfälle hat eine Menge Schwächen aufgedeckt.
„Jede schlechte und
falsch durchgeführte Recherche ist ein Schaden am Journalismus insgesamt. Gleichwohl
bin ich der festen Auffassung, dass ohne den Druck der Journalisten die Aufarbeitung
in der katholischen Kirche nicht in der Gänze und auch nicht in der Tiefe oder Schnelligkeit
erfolgt wäre. Das liegt am Druck, der in der Öffentlichkeit aufgebaut war. Es ist
schade – und das wirft ein schlechtes Licht auf den Journalismus und schadet auch
der Sache insgesamt – wenn unsauber recherchiert wird, was leider auch vorkam. Ich
sehe das mit großem Bedauern, zumal das auch in Qualitätsmedien vorkam.“
Was
muss denn in den Augen einer Journalistenausbilderin erfüllt sein, damit sich jemand
„katholischer Journalist“ nennen kann?
„Grundsätzlich kann man zunächst
nur ganz allgemein sagen, ein katholischer Journalist ist jemand, der sich zur katholischen
Konfession bekennt. Das klingt nach einer Tautologie, aber ich glaube tatsächlich,
dass das der kleinste gemeinsame Nenner ist. Wenn jemand nach dem katholischen Glauben
lebt, dann werden für ihn bestimmte Dinge eine andere Dimension haben. ‚Du sollst
kein falsches Zeugnis wider deinen Nächsten ablegen’ ist eine Dimension, die jemand,
der gläubig ist, anders für sich verortet, als jemand, der Agnostiker ist.“
Sollten
katholische, kirchliche Journalisten eine besondere Loyalität zeigen? Man hört immer
wieder vor allem von privaten Initiativen, dass es nun an der Zeit sei, vor allem
die Verbundenheit zu zeigen, und vielleicht das genauere Hinschauen wegzulassen.
„Zur
Frage der Loyalität ist man sicherlich in einem schwierigen Bereich, denn wenn Unbestechlichkeit
und Wahrheitsliebe den Journalismus im Kern ausmachen, dann darf nicht eine potentiell
positive Grundhaltung zu einer Institution dazu führen, dass man im Zweifel die Wahrheit
etwas biegt. Ich glaube, dass Loyalität erst einmal bedeutet, dass ich ganz besonders
darauf achte, dass ein sachgerechter Zusammenhang hergestellt wird. An Zusammenhängen
herrscht im Augenblick der größte Mangel innerhalb der Berichterstattung. Da wird
zu schnell auf Aktuelles und Kurzlebiges geachtet, ohne dass Zusammenhänge, die immer
mit Strukturen zu tun haben und damit auch schwierig sind, erklärt werden.“
Dabei
stellt sich katholischen Medien eine Grundentscheidung: ist man Öffentlichkeitsarbeit
oder ist man journalistisches Medium? Daran entscheidet sich, was für ein kirchliches
Medium man sein will und daran entscheidet sich auch, wie man berichtet und wie man
kommuniziert.
„Das ist sehr davon abhängig, was innerhalb dieses kirchlichen
Mediums an Horizonten möglich ist. Es gibt natürlich die Möglichkeit, dass ein kirchliches
Medium im Prinzip wie jedes andere institutionelle Medium ein Corporate-Medium ist,
das im Prinzip eine PR-Botschaft verbreiten will. Das ist ja auch durchaus berechtigt,
dass es auch innerhalb der Kirche Medien gibt, die für die Institution Werbung machen.
Wenn das Medium aber so aufgestellt ist, dass es sich zwar in kirchlicher Trägerschaft
befindet, aber im Prinzip den Regeln des Journalismus genügen soll, dann erwarte ich
mir, dass auch dort die gleichen Grundsätze gelten wie in einem Medium, das in einer
freien oder ganz anders gearteten Trägerschaft sich befinden.“
Hintergrund Das
Institut zur Förderung Publizistischen Nachwuchses (ifp) in München ist die Journalistenschule
in Trägerschaft der Katholischen Kirche und bildet Journalistinnen und Journalisten
für alle Medien aus. Bei Interesse an einer Ausbildung durch das ifp: bis zum 1. März
läuft noch die Bewerbungsfrist für die Volontariate und bis zum 31. Mai die für die
Studienbegleitende Journalistenausbildung.