2011-02-17 13:43:37

Umbruch in Nahost: „Zu lang auf autoritäre Regierungen gesetzt“


RealAudioMP3 Die katholische Friedensbewegung Pax Christi begrüßt die Umbrüche in der arabischen Welt und sieht das friedliche Aufbegehren gegen Langzeit-Machthaber mit großem Respekt. „Wir denken, dass es großen Mut erfordert, in einer solchen Situation auf die Straße zu gehen“, sagte die Vizepräsidentin der Pax Christi-Bewegung, Wiltrud Roesch-Metzler, im Gespräch mit uns. Ob es zu einer echten Wende in den arabischen Nationen kommt, vergleichbar mit 1989 in Europa, sei noch nicht abzusehen, aber:

„Es gibt viele Anzeichen dafür, denn die Menschen, die jetzt aufstehen, um für ihre Rechte einzustehen, werden sich nicht mehr zurückdrängen lassen von Politikern, die eine Politik der Repression fahren. Es gibt jetzt auch überall neue Parteien, die entstehen. Oder alte, die verboten waren und sich jetzt langsam in der Öffentlichkeit zeigen. Und es gibt die politischen Gefangenen, die freigelassen werden. Ein echter Aufbruch.“

Der Westen changiert zwischen Unterstützung und Sorge um das geopolitische Machtgefüge im Nahen Osten. Wird etwa Israel größere Probleme als bisher bekommen, wenn die starken Männer der arabischen Welt abtreten?

„Der Westen war nicht gefragt bei dieser Revolution. Das ist das Interessante, dass das eigene Kräfte sind aus den einzelnen Ländern, die für mehr Gerechtigkeit in ihren Ländern eintreten. Der Westen hat eben viel zu lange auf die autoritären Regimes gesetzt und wirkt von daher nicht sehr glaubwürdig auf die jetzige Protestbewegung, die überwiegend von der Jugend und von Frauen getragen wird. Was Israel anlangt, sehe ich, dass die Außenpolitik zunächst noch keine große Rolle spielt. Es geht um Brotpreise und eine bessere Arbeitsmöglichkeit für die junge Generation. Es ist eine friedliche Bewegung, das sind keine Scharfmacher. Es wird aber sicher für Israel zu einer anderen Situation kommen, weil sich die Regierung überlegen muss: Was heißt diese Entwicklung außerhalb ihrer Grenzen für den israelischen Staat?“

Die Proteste haben jetzt auch Libyen erfasst. Sollte Gaddafi fallen, fürchten viele eine massive Flüchtlingswelle aus Afrika. Was ist zu tun?

„Das ist zunächst peinlich, dass die europäischen Länder so stark auf Gaddafi setzen in der Abwehr der Flüchtlinge. Er soll praktisch für die EU die Flüchtlinge abhalten. Was da zu tun ist: Es betrifft nicht nur Libyen, sondern auch die anderen Länder im Maghreb, aus denen Menschen zu uns kommen möchten. Es muss eine geregelte Einwanderungspolitik geben in die EU. Man muss das Signal setzen an eine neue Regierung in Tunesien oder Ägypten oder Libyen, falls es dazu kommen würde. Wir sind auch bereit, mit euch zusammenzuarbeiten und uns zu überlegen: Was kann mit den Flüchtlingen geschehen.“
(rv 17.02.2011 gs)








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