Das bayerische Benediktikerkloster
Ettal wird die Opfer von Misshandlung und Missbrauch in seiner Internatsschule individuell
entschädigen. Darüber informierten an diesem Donnerstag Vertreter der Abtei und der
Opfer in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Der vom Kloster beauftragte ehemalige
Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch zu den Einzelheiten:
„Das
Kloster richtet einen Fond ein, dieser wird 500.000 Euro ausmachen. Für den Fonds
werden keine Kirchensteuermittel und keine Spenden verwendet, sondern Vermögenswerte
aus dem Kloster. Aus dem Fonds sollen Entschädigungszahlungen an Opfer sexuellen Missbrauchs
und schwerer Misshandlung geleistet werden.“
Die Beschlüsse der Deutschen
Bischofskonferenz dienten als „Orientierungsgröße“, es solle in Ettal aber keinen
Pauschalbetrag wie bei den Jesuiten geben. Um alle Geschädigten zu erreichen, werde
das Kloster die ehemaligen Schüler anschreiben und auf seiner Homepage im Internet
informieren. Die als „Zeichen tätiger Reue“ und nicht als Wiedergutmachung gedachten
Zahlungen sollten möglichst bis Ende Mai formlos beantragt werden, hieß es auf der
Pressekonferenz. Die Zahl der Opfer soll über 100 liegen, die Zahl der beschuldigten
Patres und Erzieher bei mindestens 15.
Der Verein Ettaler Missbrauchs- und
Misshandlungsopfer ist mit den Fortschritten der Aufarbeitung zufrieden. Es liege
nun ein Bericht vor, den die Opfer und das Kloster gemeinsam akzeptieren könnten,
sagte der Vorsitzende Robert Köhler dem Münchner Kirchenradio.
„Es ist heute
nicht das Ende eines Prozesses, sondern in der Person des Herrn Jentsch, der unsere
Anliegen dem Kloster vermitteln konnte, ein Anfang gemacht, um Schritte nach vorn
zu tun. Wir hoffen und wollen, dass die gegenseitige misstrauische Begutachtung an
der Stelle heute ein Stück weniger wird.“
Nach den Erkenntnissen des Juristen
existierte im Klosterinternat und dem angeschlossenen Gymnasium ein „System der körperlichen
Gewaltanwendung“, das von den Patres wie den zur Aufsicht eingesetzten Schülern „bewusst
als Erziehungsmittel eingesetzt wurde“. Vermutlich habe in Ettal ein „Ritual der Disziplinierung
geherrscht“, das den Anspruch auf Zucht und Ordnung mit außergewöhnlicher Härte exekutierte".