Ordensleute: Die unterschätzte Großmacht der Kirche
Stabwechsel an der
vatikanischen Ordenskongregation – der als Präfekt abgetretene Kardinal Franc Rodé
würdigt im Interview mit uns das unvergleichliche und medial meist nur sehr spärlich
ausgeleuchtete Wirken von Ordensfrauen und –Männern in aller Welt.
„Die
großen Reformen der Kirche sind das Werk von Ordensleuten. Denken wir an Benedikt
von Nursia, an Franz von Assisi, an Dominikus, Ignatius von Loyola. Überdies waren
Ordensleute in der Kirchengeschichte, und das ist bemerkenswert, sowohl jene, die
am meisten verfolgt, als auch jene, die am öftesten heilig gesprochen wurden.“
Salz
der Erde sind die Ordensleute, und echte spirituelle Triebfedern der Kirche, meint
Kardinal Rode.
„Jung und dynamisch ist die Ordensszene in Lateinamerika,
Asien und Afrika. Als ich zuletzt beispielsweise Angola, Kamerun und Bolivien besuchte,
sah ich die Größe des Einsatzes von Ordensleuten. Ich sah ihre Liebe zu Christus und
ihre absolut herausragenden sozialen Werke: Ordensspitäler, Schulen, Heime für Kinder
und Alte. All das wird betrieben mit bewundernswerter Hingabe.“
Allerdings
ist das Ordensleben heute nicht gefeit vor einem gewissen Identitätsverlust. In seiner
siebenjährigen Amtszeit als Präfekt der Ordenskongregation hat Kardinal Rode immer
häufiger die Tendenz zur Verweltlichung beobachtet.
„Das muss man klar sehen.
Die Säkularisierung ist eingedrungen in viele Gemeinschaften. Sie drückt sich aus
in einem Gebet ohne Sammlung. Sie hat auch das Gebot des Gehorsams unterminiert, indem
sie eine Art demokratische Mentalität einführte und die Rolle der legitimen Autorität
ausschließt. Die Säkularisierung schafft freilich das Risiko, dass aus den Werken
der Nächstenliebe schlicht und einfach soziale Dienste werden - zum Nachteil der Verkündigung.
Diese Zeichen der Zeit in den Orden sind überall zu bemerken, aber ganz besonders
in der westlichen Welt.“
Sein Anliegen als Präfekt sei es gewesen, eben
dieser Gesinnung der Säkularisierung entgegenzutreten und die zentralen Werte des
geweihten Lebens wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Die Ordensmänner und –Frauen
müssen bei ihrer ureigensten Aufgabe bleiben, so Rode: „Sie sind eine Kraft der Erneuerung
in der Kirche.“ In seinem Einsatz gegen die Verweltlichung habe er sich auf die traditionellen
großen Orden stützen können und auch auf die neuen geistlichen Bewegungen, die hie
und da in der Kirche auftreten und heute womöglich dieselbe Aufgabe haben sie in der
Vergangenheit die großen Berufungen.
„In der Tat ist es so: neue religiöse
Gemeinschaften tauchen auf gegen den Geist der Säkularisierung. In Frankreich, Spanien,
Italien, Brasilien, Peru, den USA und anderswo. Sie messen dem Leben in Gemeinschaft
große Bedeutung zu, und sie bestehen auf Armut und Gehorsam. Diese neuen Gemeinschaften
erinnern den Menschen daran, dass er von seinem Wesen her auf Gott ausgerichtet ist.
Und sie sind eine Kraft der Erneuerung, die die Kirche braucht.“