Am päpstlichen Rat
für den interreligiösen Dialog befürchtet man eine Radikalisierung der Gesellschaft
Indonesiens. Binnen weniger Tage war das Land mit der weltweit größten muslimischen
Bevölkerung Schauplatz zweier blutiger Attacken gegen Andersgläubige. Zuerst attackierten
und töteten Extremisten Angehörige der Ahmadi-Bewegung, die innerhalb des Islam als
Häretiker gelten. An diesem Dienstag schließlich griffen wütende Moslems einen Priester
und mehrere christliche Kirchen an, weil sie unzufrieden waren mit einem ihrer Meinung
nach zu milden Gerichtsurteil gegen einen Protestanten, der den Islam und den Katholizismus
kritisiert hatte. Ist Indonesien das nächste Land, das ein Blasphemiegesetz nach dem
Muster Pakistans einführt? P. Markus Solo vom päpstlichen Dialograt, selbst Indonesier,
schließt das nicht aus.
„Ein Blasphemiegesetz könnte aus meiner Sicht in
Indonesien tatsächlich einmal eingeführt werden wie in Pakistan. Denn die Muslime
können Beleidigungen gegen ihren Propheten, ihre Lehre nicht ertragen. Das ist der
größte Fall, der bisher in Indonesien passiert ist. Das hat es in der Vergangenheit
noch nicht gegeben, dass eine solche Beleidigung in der Öffentlichkeit thematisiert
wurde und bis zu Krawallen geführt hat. Jetzt ist es geschehen. Nach diesem Fall erwacht
in den Gedanken vieler indonesischer Muslime, dass das Blasphemiegesetz eingeführt
werden könnte.“
Die Diskussion darüber würde allerdings noch lange schwelen,
bevor es tatsächlich konkret wird, glaubt P. Solo. Ähnliches gelte auch für die Einführung
der Scharia, des islamischen Rechts. Nach heutigem Stand gilt in Indonesien laut Verfassung
Religionsfreiheit. Auch Religionswechsel wird toleriert, anders als in den meisten
Staaten mit islamischer Bevölkerungsmehrheit. Andererseits ist nicht zu übersehen,
dass sich Attacken auf Nicht-Moslems in den vergangenen Jahren häufen. Aus Sicht der
katholischen Kirche kann der Weg trotz zunehmender Feindseligkeiten nur einer sein,
erinnert P. Solo:
„Es gibt Stellungnahmen der Kirche, wir Christen müssen
verzeihen, wir dürfen Gewalt nicht mit Gegengewalt erwidern, das widerspricht unserer
Lehre, unserem Glauben. Es klingt wie eine Duldung, aber wir handeln nach unserem
Glauben: Wir glauben eben daran, dass der Friede nur erreicht wird, wenn Menschen
auch verzeihen können, wenn Menschen nicht gewalttätig agieren.“
Vor gut
einem Jahr war eine Delegation des päpstlichen Dialogrates zu Besuch in Indonesien.
Was dort zur Sprache kam, hören Sie heute Abend in unserer Magazinsendung „Die Woche
in Rom“, in einem ausführlichen Interview mit P. Markus Solo. (rv 09.02.2011 gs)