Die koptisch-orthodoxe Kirche in Ägypten ist in der aktuellen Revolution tief gespalten:
Das betont der Direktor des Jesuiten-Kulturzentrums in Alexandria, Pater Henri Boulad,
am Montag in einer Analyse für die römische Missionspresseagentur „AsiaNews“. Boulad
sieht im augenblicklichen Chaos sehr unterschiedliche Kräfte am Werk: engagierte junge
Akademiker, die erst spät aufgesprungene Muslimbruderschaft, die von den Profiteuren
des Regimes bezahlten Schläger und Gegendemonstranten sowie einfache kriminelle Elemente,
die bloß plündern wollen. Die Katholiken hielten sich völlig zurück, berichtet Boulad.
Innerhalb der koptisch-orthodoxen Gemeinschaft habe Papst Schenuda III. das Schweigen
gebrochen und sich voll auf die Seite Mubaraks gestellt. Im Hintergrund finde vor
der Kulisse des Endes des Herrschaft Mubaraks ein Kampf um die Posten in der Hierarchie
statt. Das Verhalten Schenudas werde von einem Teil der Laien als „kompromittierend
für die Kirche“ abgelehnt. „Ich denke, es wäre besser, er würde eine viel stärker
neutrale Haltung einnehmen, damit er nicht später der Kollaboration mit dem 'Ancien
Regime' angeklagt wird“, so Boulad. Der allergrößte Teil der Christen, abgesehen von
einigen Aktivisten, stehe in Distanz zu den Protesten, erläutert der Jesuit. Sie würden
auch dahingehend von der Hierarchie ermutigt: „Die Wahrheit ist, dass sie in Angst
leben und das Schlimmste befürchten, sollten die Muslimbrüder an der Macht beteiligt
werden. Doch im Moment gibt es Gott sei Dank noch keinen konfessionell geprägten Vorfall,
wenn auch die Kirchen und Klöster völlig ungeschützt sind, weil die Polizei abgezogen
wurde.“