2011-02-06 09:58:55

Theologenpapier: Dialoghilfe oder Keil?


RealAudioMP3 Im Zeichen des Aufbruchs soll es stehen, nicht der Revolution – das Papier zur Reform der katholischen Kirche, das am vergangenen Donnerstag in der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlicht wurde und die Unterschriften von 144 deutschsprachigen Theologen trägt. Zentraler Gedanke von „Kirche 2011: ein notwendiger Aufbruch“ ist Partizipation: Impulse kirchlicher Erneuerung sollen stärker aus der Gesellschaft kommen, zum Beispiel von Laien und Wissenschaftlern. Der Salesianerpater Karl Bopp ist Mitunterzeichner des offenen Briefes. Er sagte gegenüber dem Münchner Kirchenradio:

„Es geht im Grunde um eine Neuverortung der Kirche in der modernen Gesellschaft. Und wir meinen, die Kirche dabei unterstützen zu müssen, dass die Kirche sich im Sinne des Zweiten Vatikanums öffnet für die Moderne, nicht Anpassung, sondern Öffnung, um in der Moderne das Evangelium zu verkünden. Hinwendung zur modernen Gesellschaft, mit all ihren Gebrochenheiten, Ambivalenzen – das scheint mir ein ganz wichtiges Motiv zu sein für diese jetzige Erklärung.“

Im Verhältnis zu Beteiligungsmöglichkeiten in der modernen Gesellschaft mache die Kirche eine schlechte Figur, behauptet Bopp, der sich weniger Hierarchie und mehr Transparenz für die Kirche wünscht. Im Memorandum werden neben anderen Punkten auch die Anerkennung von Frauenpriestertum und die Lockerung des Pflichtzölibats gefordert – diese werden in vielen Medien derzeit gern als wichtigste (und einzige) Kennzeichen einer echten Erneuerung der Kirche gewertet. Dabei schwebt Bopp und den anderen Unterzeichnern des Schreibens eine „Revolution“ wohl nicht vor, eher eine Reform:

„Ich würde schon sagen, wo beides natürlich sicherlich von der Theologie her verantwortete Strukturen sein müssen, also nicht einfach Kopie der weltlichen Demokratie, sondern im Grunde auch Strukturen, welche die alte Kirche durchaus schon hatte. Etwa synodale Strukturen, wo das ganze Gottesvolk mit einbezogen ist an der Klärung von anstehenden Fragen, auch an der Klärung von Glaubensfragen.“

Dass die im Memorandum angesprochenen Fragen „anstehen“ – daran lässt der Münchner Kirchenrechtler Stephan Haering keinen Zweifel. Ihm missfällt allerdings, wie die Theologen ihre Forderungen vorgebracht haben. Form und Ton der öffentlichen Erklärung ließen an eine „Pressure Group“ denken, so Haering, und seien in dem Sinne nicht gerade dem Dialog förderlich. Außerdem lägen die Reformpunkte nicht in der Entscheidungskompetenz der nationalen Bischofskonferenzen, sondern beträfen die weltkirchliche Ordnung, präzisiert der Kirchenrechtler.

„Natürlich ist eine organisierte, öffentliche Erklärung schon darauf angelegt, Wirkung zu erzielen und Druck zu machen, also dem Anliegen Gewicht zu verschaffen, indem man eine größere Zahl von Personen, die eine besondere Kompetenz beanspruchen können, da zusammenfasst und sie sich dazu äußern lässt. Es ist wohl auch zu erwarten, dass anders gesonnene Gruppierungen in der Kirche jetzt vielleicht Gegenaktionen starten werden. Ob der Dialog und eine Weiterentwicklung dadurch sehr gefördert werden – das bezweifele ich eher.“

Ähnlich sieht das der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. „Mit öffentlichem Druck und in den Medien geführten Debatten kommen wir nicht weiter“, sagte Jaschke am Sonntag in Hamburg. Die Kirche dürfe sich nicht einem „Diktat von Mehrheitsmeinungen“ unterwerfen; sie solle der „Versuchung zu einer billigen Anpassung“ widerstehen.

(muenchner-kirchenradio/rv/kna 06.02.2011 pr)








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