Kard. Brandmüller: „Kirche ist mehr als ein Unternehmen“
Durch eine Änderung
der Voraussetzung zum Priesteramt kann die Kirche den Priestermangel nicht beseitigen.
Davon ist Kardinal Walter Brandmüller überzeugt. Gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“
(Mittwoch) sagte er, dass das Priestermangel-Argument „rein pragmatischer Art“ sei
und damit dem Thema nicht angemessen.
Bei der Zulassung zum Priesteramt seien
weltliche Zweckmäßigkeit oder Machbarkeit nicht maßgeblich, so Kardinal Walter Brandmüller.
Und stellt die rhetorische Frage: Wem fiele es denn ein, die Einstiegsnote für den
Staatsdienst zu senken, um einem Juristenmangel abzuhelfen? Die Kirche sei mehr als
ein Unternehmen oder eine andere bloße Form menschlicher Gesellschaft. Gott berufe
Priester; der Zölibat sei keine Bürde, „wohl aber eine Hürde, die zu überspringen
ist, wenn ein junger Mann der Berufung zum Priestertum folgen will“. Könne oder wolle
er sie nicht überspringen, „dann ist er auch nicht berufen“.
Perspektive
des Lebens Jesu Der Zölibat als priesterliche Lebensform müsse in der Perspektive
des Lebens Jesu und seiner Apostel gesehen werden. Brandmüller widersprach auch dem
Hinweis von Zölibatskritikern auf die Befreiung ehemals evangelischer und anglikanischer
Geistlicher von der Pflicht zur Ehelosigkeit. Dabei reagiere die katholische Kirche
auf die oft dramatisch verlaufene „individuelle Lebens- und Glaubensgeschichte von
Konvertierten“. Bei den Anglikanern sei die Ausnahmeregelung zudem auf die aktuelle
Generation beschränkt.
Kardinal Lehmann kritisiert In der
aktuellen Debatte um den Zölibat gebe es eine „doppelte Dialogunfähigkeit“. Das beklagt
der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann. Manche Kommentatoren hätten kirchlichen
Amtsträgern pauschal eine Unfähigkeit zur Erneuerung vorgeworfen, kritisiert Lehmann
in einem am Dienstag vorab veröffentlichten Beitrag für die Mainzer Diözesanzeitung
„Glaube und Leben“. Zugleich kritisierte der langjährige Vorsitzende der Deutschen
Bischofskonferenz den Ton, den Kardinal Walter Brandmüller in seinem Brief gegen die
Stellungnahme angeschlagen hatte. Vor allem sei er zutiefst enttäuscht darüber, wie
in Brandmüllers Brief der amtierende Bundestagspräsident und damit die nach dem Bundespräsidenten
zweithöchste Autorität in der Bundesrepublik, eine amtierende Bundesministerin und
drei hochverdiente Ministerpräsidenten behandelt würden. „Dies ist in unserem Land
nicht der Stil, mit dem wir auch bei Meinungsverschiedenheiten miteinander umgehen“,
so Lehmann.
Hintergrund Anlass für die aktuelle Debatte ist
eine Stellungnahme namhafter katholischer CDU-Politiker zur Weihe von viri probati.
Zu den Unterzeichnern gehören Bundestagspräsident Norbert Lammert, Bundesbildungsministerin
Annette Schavan und die früheren Länder-Regierungschefs Bernhard Vogel, Erwin Teufel
und Dieter Althaus. Sie ist als Bitte an die deutschen Bischöfe formuliert und trägt
die Überschrift „Wie dem zunehmenden Priestermangel begegnet werden kann“.