Eine neue „Christliche Patientenvorsorge“ ist an diesem Mittwoch in Köln der Öffentlichkeit
vorgestellt worden. Die Handreichung und das Formular treten als kirchliches Angebot
an die Stelle der bisherigen „Christlichen Patientenverfügung“ von 1999 und 2003.
Aufgrund der veränderten Gesetzeslage in der Bundesrepublik Deutschland seit September
2009 war eine Neukonzeption nötig geworden. Das Dokument wurde gemeinsam von der Deutschen
Bischofkonferenz und vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland in Zusammenarbeit
mit zahlreichen Mitglieds- und Gastkirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen
in Deutschland erarbeitet. Bei der Vorstellung betonte der Vorsitzende der Deutschen
Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, es sei „sinnvoll und ethisch verantwortlich“,
Vorsorgeverfügungen zu treffen. Die Beschäftigung mit der eigenen Sterblichkeit „in
gesunden Tagen“ sei eine Chance, die man nutzen solle, sagte Zollitsch. Er stellte
die besondere Erwartungshaltung vieler Menschen gegenüber den Kirchen heraus: „Viele
Menschen erwarten zu Recht gerade bei den Fragen und Problemen am Lebensende Orientierung
und Antworten von den Kirchen: Wir verfügen dank unseres karitativen Dienstes über
ein breites Erfahrungswissen in diesem Bereich. Daher wissen sich viele Menschen,
gerade auch wenn es um das Lebensende geht, bei der Kirche gut aufgehoben.“
Der
Erzbischof wies auf den neuen Titel „Christliche Patientenvorsorge“ hin, der verdeutlicht,
dass das Dokument gegenüber seinem Vorgängerdokument nicht nur die eigentliche Patientenverfügung
enthalte. Drei weitere Möglichkeiten der selbstbestimmten Vorsorge seien angeboten,
nämlich die Vorsorgevollmacht, die Betreuungsverfügung und die Äußerung von Behandlungswünschen.
Zollitsch stellte die Dimension der Verantwortung heraus. Selbstbestimmung erfolge
nicht „unabhängig von der eigenen Leiblichkeit und auch nicht unabhängig von der mitmenschlichen
und sozialen Einbindung, in der man steht. Der Selbstbestimmung, und damit der Verantwortung
für sich selbst, ist die Verantwortung zur Seite gestellt, die Dritte – auch der Staat
– für einen Patienten tragen oder übernehmen können. Die Christliche Patientenvorsorge
solle einen Weg aufzeigen, „wie Menschen an ihrem Lebensende ihren Vorstellungen Geltung
verschaffen und zugleich eine nicht verantwortbare Lebensverkürzung vermieden wird“.
Es brauche aber auch Menschen, die andere „gerade am Lebensende fürsorglich begleiten
und so einen wichtigen Beitrag zu einem menschenwürdigen Sterben leisten“, so Zollitsch.
Bei
seiner Einführung in das Formular der neuen Patientenvorsorge wies der stellvertretende
Vorsitzende der EKD, Landesbischof Jochen Bohl, darauf hin, dass das neue Patientenverfügungsgesetz
einen „sehr weiten Rahmen“ vorgebe, innerhalb dessen man Vorsorgeregelungen treffen
könne. Auf jeden Fall gelte aber, dass die Vorsorgeregelung „im Ernstfall“ nur beachtet
werden könne, wenn sich anstelle des oder der Betroffenen jemand für ihn oder sie
einsetze. Deswegen laute die „erste und wichtigste Frage“ in Sachen Patientenvorsorge:
„Wer soll an meiner Stelle entscheiden, wenn ich es nicht mehr selbst kann?“ Weiter
machte Bohl auf einen zweiten wichtigen Aspekt des neuen Formulars aufmerksam, nämlich
auf die Möglichkeit, entweder selbst vorher festzulegen, wie sich die ärztliche Behandlung
im Ernstfall gestalten solle, oder aber dies der Vertrauensperson anheimzustellen.
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, der braunschweigische
Landesbischof Friedrich Weber, betonte, dass auch „bei dieser wichtigen Thematik“
die Zusammenarbeit zwischen den christlichen Kirchen gut funktioniert habe. Es sei
den Kirchen mit der Christlichen Patientenvorsorge erneut gelungen, den christlichen
Glauben und die von ihm ausgehenden ethischen Orientierungen „gemeinsam zu formulieren“.
Dies sei angesichts mancher kontroverser Themen zwischen den Kirchen ein wichtiges
Signal, denn es zeige, so Weber weiter, dass die Kirchen einander brauchen, weil sie
sich gegenseitig „ergänzen, korrigieren und bereichern“.