2011-01-21 11:31:31

Papst warnt vor „Schwächung ethischer Prinzipien“ – Bertone rückt von Berlusconi ab


RealAudioMP3 Papst Benedikt XVI. warnt vor einer Schwächung ethischer Prinzipien in der Öffentlichkeit. An einem Tag, an dem die italienischen Zeitungen mal wieder voll sind von Skandalen rund um Ministerpräsident Silvio Berlusconi, erinnerte der Papst an einen „moralischen Grundkonsens“: Wenn eine Gesellschaft diesen Konsens verliere, funktioniere sie nicht mehr ganz, so Benedikt in einer Audienz für römische Polizisten. Nur Stunden zuvor hatte sich Benedikts Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone vorsichtig von Berlusconi distanziert, gegen den Mailänder Staatsanwälte u.a. wegen Begünstigung der Prostitution ermitteln.

Es ist der so genannte „Fall Ruby“, der den italienischen Premier derzeit mal wieder in Rotlicht-Nähe rückt. Der Vatikan hat zu den unerquicklichen Details, die in den Medien ausgebreitet werden, bisher geschwiegen, aber am Donnerstag sah sich Kardinal Bertone, die Nummer zwei des Vatikans, denn doch zu einer Stellungnahme genötigt:

„Der Heilige Stuhl verfolgt diese italienischen Angelegenheiten mit Aufmerksamkeit – und man kann sagen, mit Sorge. Angesichts der Probleme, die die italienische Gesellschaft hat, muss man alle Personen des öffentlichen Lebens dazu aufrufen, beispielgebend zu sein. Die Kirche ermutigt alle, die in Verwaltung, Politik oder Justiz Verantwortung tragen, sich für eine robustere Moral, für Gerechtigkeit und Legalität einzusetzen. Das sind die Angelpunkte für eine Gesellschaft, die positive Antworten auf die Probleme unserer Zeit geben will.“

So eine richtige Verurteilung des 74-jährigen Regierungschefs war das nicht; einige italienische Bischöfe äußern sich da deutlich pointierter. Erzbischof Giancarlo Bregantini von Campobasso spricht von einem „unermeßlichen Schaden, den die Skandale schon jetzt unter Jugendlichen anrichten“; ein Kurien-Erzbischof sagte einer Zeitung, sollten sich die Vorwürfe gegen Berlusconi bestätigen, müsse dieser zurücktreten. Die Worte Kardinal Bertones stehen an diesem Freitag auf Seite eins vieler Zeitungen. Und an diesem Freitag äußerte sich denn auch der Papst selbst in einer Audienz für Polizisten zu den „tiefgreifenden Umwälzungen“ unserer Zeit – Worte, die viele in Italien auf innenpolitische Zwischentöne abhorchen werden.

„Die vielen Veränderungen führen manchmal zu einem Gefühl von Unsicherheit. Das liegt in erster Linie an der schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Lage; es wird aber auch verschärft vom Eindruck, dass die ethischen Prinzipien geschwächt sind, auf die sich das Recht und die moralische Haltung des Einzelnen stützt. Und diese sind es, die einem Gemeinwesen Stärke verleihen. In unserer Welt gibt es den Eindruck, dass der moralische Konsens abnimmt und dass damit auch die grundlegenden Strukturen des Zusammenlebens nicht mehr voll funktionieren. Viele sind deswegen versucht, zu denken, dass es nicht möglich ist, die Zivilgesellschaft zu verteidigen.“

Angesichts dieser Versuchung seien vor allem die Christen dazu aufgerufen, eine „neue Entschlossenheit in der Verkündigung des Glaubens und beim Tun des Guten“ an den Tag zu legen. Benedikt warnte, wie er das häufiger tut, vor einem Abdrängen von Religion und Moral aus dem öffentlichen Leben:

„Das ist ein großes Risiko, denn das moderne Denken gaukelt uns vor, dass sich gar nicht objektiv bestimmen ließe, was gut und was wahr ist. So wird dann der Einzelne mit seiner Einstellung und seinen Erfahrungen zum Maßstab: Jeder besitzt dann seine eigene Wahrheit, seine eigene Moral. Mögen die Gesellschaft und die öffentlichen Einrichtungen ihre Seele wiederfinden, ihre geistlich-moralischen Wurzeln!“

Am Montag hält der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, eine Grundsatzrede zur Lage des Landes und der Kirche. Viele gehen davon aus, dass er sich dann auch mit Berlusconi beschäftigen wird. „Was nützt es, wenn ein paar Bischöfe für sich den Ministerpräsidenten kritisieren“, sagt ein Bischof zur Zeitung „La Repubblica“: „Die gesamte Bischofskonferenz muss endlich eine einheitliche Linie finden!“

(rv 21.01.2011 sk)








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