Mit Argwohn betrachten Menschenrechtsorganisationen und Kirchenvertreter die Rückkehr
des ehemaligen Diktators von Haiti, Jean-Claude „Baby Doc“ Duvalier, in sein Heimatland.
Er sei gekommen, um Haiti nach dem schweren Erdbeben aufzuhelfen, gab Duvalier nach
Medienberichten an. Der 59-Jährige wurde 1986 durch einen Volksaufstand entmachtet
und ging danach für 25 ins Exil. Beobachter fürchten, Duvalier wolle die fragile politische
Lage ausnutzen, um wieder an die Macht zu kommen - derzeit finden auf Haiti Präsidentschaftswahlen
statt. Radio Vatikan hat darüber mit P. Stefano Femminis, dem Direktor der internationalen
Jesuitenzeitschrift „Popoli“, gesprochen.
„Was überraschend ist: Duvaliers
Rückkehr gerade in dem Moment, in dem eigentlich der zweite Wahlgang der Präsidentschaftswahlen
hätte stattfinden sollen. Dieser wurde ja wegen Reklamationen und Neuauszählungen
verschoben. Zur dramatischen wirtschaftlichen und sanitären Lage nach dem Erdbeben
kommt auf Haiti nun also auch noch institutionelle Verwirrung hinzu. Auch die Cholera-Epidemie
ist noch nicht besiegt. Es kann also alles passieren. Der erste Minister im Amt hat
es nicht skandalös gefunden, dass Duvalier wiedergekommen ist. Er hat eine ziemlich
versöhnliche Erklärung abgegeben, in der er sagte, Duvalier habe als haitianischer
Bürger das Recht auf eine Rückkehr. Das sagt auch etwas über die haitianische Führung
aus.“
Menschenrechtsorganisationen hatten nach Rückkehr des Ex-Diktators
gefordert, Duvalier wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit während seiner Herrschaft
von 1971 bis 1986 vor Gericht zu stellen. Allerdings ist Haitis Gerichtssystem ein
Jahr nach dem verheerenden Erdbeben immer noch nicht voll funktionstüchtig. Unruhen
wie nach dem ersten Wahlgang Ende November seien nicht ausgeschlossen, so Femminis: „Derzeit
gibt es eine künstliche Ruhe. Die Situation ist unvorhersehbar. Wenn wir von Haiti
sprechen, sprechen wir leider von einer komplizierten Situation, auch bezüglich der
Geschichte des Landes. Aber ganz sicher ist dieses politische Vakuum nicht gut; Haiti
bräuchte gerade jetzt Klarheit und eine stärkere politische Führung.“
Nach
Ansicht des haitianischen Regierungschefs Jean-Max Bellerive ist ein Prozess gegen
den zurückgekehrten Diktator möglich. „Jeder Bürger ist in Haiti der Gerichtsbarkeit
unterworfen“, sagte Bellerive am Montag in Port-au-Prince. Sollte nach Einreichung
einer Anzeige ein Gerichtsverfahren in die Wege geleitet werden, werde die Justiz
tun, was sie zu tun habe, ergänzte der Regierungschef.